Rossmann
Nur
einmal legt sich der junge, kräftige Karl Rossmann aufs Kanapee, um
auszuruhn, ansonsten wird er zwar dahin getrieben, aber genauso wie
bei der Schwäche sind auch bewusste Verirrungen nicht durchgehend,
werden nur am Anfang erwähnt. Josef K. dagegen, der Held des
Prozesses, erleidet die erste Schwächeperiode bereits in den
Kanzleien, dass er dort oben auf dem Dachboden den einzigen Weg nicht
findet, es sind ja so viele; und dabei hätte er sich schon am Ende
des zweiten Kapitels vom Prozess verabschieden können: "Erste
Untersuchung"; es ist aber bereits das dritte (oder wenn man die
Schreibgeschichte beachtet, das vierte, denn das "Ende"
wurde als zweites Kapitel geschrieben, welches ein Jahr nach dem
Beginn handelt, Josef K. erlebte seinen 31. Geburtstag nicht mehr,
die Vollendung des 31. Lebensjahres, es wurde beendet, nicht das 31.
Lebensjahr, sondern sein Leben besiegelt): "'Ihr Lumpen', sagte
er, 'ich schenke euch alle Verhöre'", Josef K. "öffnete
die Tür und eilte die Treppe hinunter. Hinter ihm erhob sich der
Lärm der wieder lebendig gewordenen Versammlung, welche die Vorfälle
wahrscheinlich nach Art von Studierenden zu besprechen begann."
Punkt, Ende, Aus. Da hätte dann die Erzählung als offene
Kurzgeschichte enden können, die damit begann, dass Josef K. eines
Morgens verhaftet wurde, er musste also verleumdet worden sein: Franz
Kafka, "Der Proceß", Roman in der Fassung der Handschrift,
Frankfurt am Main 1994, S. 59.
Nichts
hätte weiter gehen müssen, das "Ende" also ein
vorläufiges sein, wie eine These von mir auch mal ging, allerdings
dass (unvollendete) Kapitel danach spielen, nicht geschrieben wurden,
das möglicherweise auch.
Da
ich etwas müde und kaputt bin, fand ich das 3. Kapitel leicht fad,
weiß nicht, ob das früher auch der Fall war, in der Brodschen
Ausgabe.
In
dieser so genannten Kritischen Ausgabe sind die Kapitel nicht
nummeriert, haben aber alle einen Namen, sowohl die vollendeten als
auch die unvollendeten.
Entstehungsgeschichtliche
Daten entnahm ich hier erstmal der "Nachbemerkung von Malcolm
Pasley", a.a.O., S. 281 - 285.
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