Montag, 31. Juli 2017

"Die Jahre der Entscheidungen"/Kafka als Fabrikant/Körperlichkeit/Prager Asbestwerke/Beamter

"Prager Asbestwerke Hermann & Co." (ab 1911; Stach, 25)
Franz Kafka rauchte, soff nicht, vielleicht hat er sich eine Asbestlunge geholt, die die Lungentuberkulose beförderte, denn wenn er im Winter vor offenem Fenster turnte, regelmäßig schwamm und ruderte, dann muss er doch körperlich abgehärtet gewesen sein, dann arbeitete er auch noch in einer Gärtnerei, als körperlichem Ausgleich zum Schreiben und dem Versicherungsbüro?
Kafka war der Kompagnon; nicht entflammbare Isoliermaterialien wurden hergestellt, Asbest galt noch Ende der Sechziger, Anfang der Siebziger (des letzten Jahrhunderts) als Wundermaterial, bevor es als Krebs erregend identifiziert wurde, besonders der Asbeststaub ist gefährlich; wäre eine Obduktion Kafkas möglich, um das zu überprüfen, das Grab besteht wohl noch? Kannten die Ärzte vor 90 Jahren den Unterschied zwischen Kehlkopftuberkulose und -Krebs eigentlich schon?
Spannende Fragen.
Es wäre ein schlechter Witz der Geschichte, wenn Kafka, der Berufsunfälle bearbeitete und Firmen in Gefahrenklassen einstufte, selbst berufsverunfallt wäre, als er kurz Fabrikant war, nein, Opfer einer Berufskrankheit wurde.
Die Arbeiter-Unfallversicherungsanstalt für das Königreich Böhmen, in der Kafka arbeitete, war so etwas wie eine staatliche Berufsgenossenschaft.
Reiner Stach: "Kafka Die Jahre der Entscheidungen", Frankfurt am Main 2002.

Zwiespalt Kunst und Leben/Standpunkte

Einführung, Seite XII
"'Der Standpunkt der Kunst und des Lebens ist auch im Künstler selbst ein verschiedener.'" Diese Kafka von Stach in den Mund gelegten Worte könnten auch von Goethe stammen (denn Stach gibt uns Unwissenden die Zitatquelle nicht preis). Und auch wenn Kafka sie tatsächlich geschrieben hat, dann von Goethe beeinflusst (Sprach-Assimilierung ist auch eine Kunst): Anfang des 20. Jahrhunderts sprach man in Prag nicht mehr so.

KKAN2 (Kritische Kafka-[Taschenbuch-]-Ausgabe nach den Handschriften, Nachlassband 2)
Franz Kafka: "Beim Bau der chinesischen Mauer und andere Schriften aus dem Nachlass", Frankfurt am Main 1994, Seite 197 (22. - 25.01.1918).
Auch in vielen anderen Ausgaben, im Internet, deshalb die Datumsangabe von mir.

Reiselyst/Veränderungen/Stach-Stachel

Reiner Stach: "Kafka Die Jahre der Entscheidungen"
Frankfurt am Main 2002: Stach findet, dass Kafka wenig reiste, ich dass viel, wenn auch nicht zu weit: Adria, Paris, Marielyst (Dänemark), Berlin, Budapest, Wien. Dann zog Kafka ja auch noch nach Deutschland, verbrachte Zeiten auf dem tschechischen Lande; wie ist ein Halbjahresaufenthalt da zu bewerten, und es waren ja gleich mehrere, als Stubenhockerei?
Dann dass Kafka jung starb, mit knapp 41, aber verreckten viele Junge nicht gerade an der Front im Ersten Weltkrieg und dann im 2., besonders als Jude im Hitlerschen Einflussbereich wurde man nicht alt; dann dass sein literarisches Werk so wirkte, trotz der so genannten Lebensuntüchtigkeit, aber hat er die Berühmtheit nicht primär Brod zu verdanken (Kafka konnte nur gut schreiben)?
Und wenn auch Prag lokal nicht verlassen wurde, aber es gehörte zur kaiserlich und königlichen Donaumonarchie, dann zu der Tschechoslowakischen Republik, die Amtssprache wechselte von Deutsch zu Tschechisch, das sind auch Veränderungen.

"Briefe an Ottla und die Familie"/Großartiger Vater/Nikolo/Treuer Arpad

Brief 37
"Gestern hat sich übrigens wie man mir erzählt hat der Vater sehr meiner angenommen. Der Rudl Hermann... war Mittag bei uns sich freundschaftlich verabschieden, da er nach Bielitz fährt... Es gibt kaum einen Nah- und Nächstverwandten, den der Vater bei dieser Gelegenheit nicht nieder geschimpft hätte. Der eine ist ein Defraudant, vor dem andern muss man ausspucken (Pfui!), usw. Da sagte der Rudl, aus diesem Schimpfen mache er sich nichts, der Vater sage ja auch seinem eigenen Sohn: Halunke. Da soll der Vater großartig geworden sein. Auf ihn los, beide Arme hoch...", Ottla, S. 33 (Brief vom "19 IV [1917]", S. 32 ff.): Franz Kafka: "Briefe an Ottla und die Familie", herausgegeben von Hartmut Binder und Klaus Wagenbach, Frankfurt am Main 1974.
Ein Defraudant ist ein Betrüger, Steuer-, Zollbetrüger. Kafka war da 33, sein Vater 64, 65 (geboren 1852).

Ottla, S. 12 ("Brief" 4)
Wie die Herausgeber auf die Idee kamen, dass die Postkarte aus Pilsen mit Poststempel vom 20.12.1909 an Ottla gerichtet ist, ist mir nicht ganz klar: "Sehr geehrtes Fräulein", so redete Kafka seine Schwester nie an, auch wenn mich beim ersten Lesen auch die Unterschrift etwas verwirrte: "Ihr treuer Arpad", solche Scherze machte er aber öfters: "Ich bin hier auf Weihnachtsferien, aber meine Erinnerungen an die mit Ihnen in den Kränzchen verlebten Stunden sind meine einzige Freude. Haben Sie mein Nikologeschenk bekommen? Ihre Puppe liegt an meinem Herzen." Niemand, auch 1909 nicht, redet so mit seiner Sis.
Nikolo gleich Nikolaus.
Und Franz duzt Ottla in allen Briefen, Postkarten, das kommt dazu.

Anmerkungen oder nicht
Ottla 19 (Brief 17): "Hol bei Taussig 'Das Buch des Jahres 1913'" (24.09.1913); waren das die Eltern von Max Brods Ehefrau: Elsa, geb. Taussig.

10.07.1914
"... Ich schreibe anders als ich rede, ich rede anders als ich denke, ich denke anders als ich denken soll und so geht es weiter bis ins tiefste Dunkel. Franz" (S. 21, Brief 20).

"Brief" 26 aus Wien, eine Postkarte
"Ich überlege gerade und rechne: Soll ich ihr etwas mitbringen? F." Seite 27: Wem?
Denn so stellt man keine Frage an die Adressatin des Briefes, obwohl dieser Jemand wohl nicht mehr zu eruieren sein wird, Felice?
Das F. steht wohl für Franz.
Insbesondere dieser Briefband würde eine Neuedition echt gut verkraften, zu viele Fragen bleiben offen bzw. werden nicht gestellt.
Poststempel vom 27.04.1915.

80. Todestag/Kein Grund zum Feiern/Feier des Tages

Wer hat Angst vor'm schwarzen Mann?
Am 03. Juni war der 80. Todestag von Franz Kafka: Ich habe jetzt eben (01h25) mein Tagebuch dahin gehend umgestellt, dass der Tag von 0 bis 24 Uhr geht, nicht mehr der Aufstehaspekt zählt, da ich den Shorty eigentlich "Heute ist Kafkas 80. Todestag" beginnen wollte, aber merkte, dass das nicht sein konnte, in 3 sat liefen zwei Sendungen dazu, aber halt zum 80. Todestag, ein Grund zum Feiern?
Zum 80sten Todestag von Franz Kafka wurde "Das Schloss" als Spielfilm und noch eine Rezitation gesendet, der Roman wurde Kammerspiel-artig verfilmt, ich zappte nur zweimal durch, da ein Kriterium der Frauen wohl zu sein schien, dass sie hässlich sein mussten, die Schauspielerinnen, dabei waren Frieda und Pepi zumindest sexuell ansprechend im Roman dargestellt; Pepi, deren Namen ich vergessen hatte, wurde aber von einer potthässlichen Schauspielerin gespielt, die niemals K. gereizt hätte.

Unbegreiflich vielleicht/Hochzeitspläne/Leben

Hochzeitspläne, vielleicht
"'1. Unfähigkeit, allein das Leben zu ertragen, nicht etwa Unfähigkeit zu leben, ganz im Gegenteil, es ist sogar unwahrscheinlich, dass ich es verstehe, mit jemandem zu leben, aber unfähig bin ich, den Ansturm meines eigenen Lebens, die Anforderungen meiner eigenen Person, den Angriff der Zeit und des Alters, den vagen Andrang der Schreiblust, die Schlaflosigkeit, die Nähe des Irreseins - alles dies allein zu ertragen bin ich unfähig. Vielleicht, füge ich natürlich hinzu...
2. Alles gibt mir gleich zu denken. Jeder Witz im Witzblatt, ...der Anblick der Nachthemden auf den für die Nacht vorbereiteten Betten meiner Eltern, Maxens Ehe. Gestern sagte meine Schwester: "Alle Verheirateten (unserer Bekanntschaft) sind glücklich, ich begreife es nicht"...'", a.a.O., 127 (KKAT2, S. 184: 21.07.1913; Kafka schrieb als falsches Datum "VIII"), und ich auch nicht.

KKAT2
Franz Kafka: Gesammelte Werke in 12 Bänden, nach der Kritischen Ausgabe herausgeben von Hans-Gerd Koch, Band 10: "Tagebücher Band 2: 1912 – 1914".

"Über Franz Kafka"/Aus dem Fenster: Zu springen oder nicht?/Pragmatismus/Brod/30 000 Gulden

Oftmals, so auch hier
Max Brod legte einen naiven, durchaus gesunden Pragmatismus an den Tag (auch wenn er z.B. seine Kafkabiografie zusammen schusterte, im fünften Kapitel "Die Verlobungsjahre" gibt er als Schreibjetztzeit Hochsommer 1961 an, S. 123, im Gegensatz zu Seite 13, da 1937: "Über Franz Kafka"; möglicherweise gehört auch das zum Pragmatismus, so viel Geld wie möglich bei geringstem Aufwand raus zu schlagen?), wie in seinem Brief an Felice Bauer vom 22.11.1912 erkennbar ist, er schreibt ihr u.a. über Franz: "Wenn die Eltern ihn so lieben, warum geben sie ihm nicht 30 000 Gulden..., damit er aus dem Büro austreten kann und irgendwo an der Riviera, in einem billigen Örtchen, die Werke schafft, die Gott durch sein Gehirn in die Welt zu setzen verlangt?" A.a.O., S. 126.
Und wie immer, versagte Gott auch da. Nein, die Eltern verlangten sogar noch Franzens Knechte in der Fabrik, die den an Selbstmord denken ließ (der schrieb Brod einen Abschiedsbrief, der zu einem Willkommensbrief wurde), so dass Brod deshalb an Franzens Mutter einen 8-seitigen Brief schrieb (siehe S. 126), die den danach wenigstens von dieser Fron befreite.
Genauso Felicens Eltern, obwohl ich nicht genau weiß, warum sie nicht direkt nach der Matura studierte, wenn sie ihre Tochter selbstlos lieben würden, dann hätten sie ihr das Studium ohne Job ermöglicht, so sich viel Geld, Zeit und ihr die Lungen-Krankheiten erspart.
Und hoffentlich macht sie es demnächst, und wenn mit dem Erbe ihres Opas...
Auch Kafkas Eltern hätten Franz so wohl noch von der Lungenkrankheit erretten können, obwohl fraglich ist, dass dafür Felice B. die richtige Ansprechpartnerin war; und weil die Felice-(meine Feli!)-Franz-Parallele so offensichtlich ist, ergänze ich den eben offen gelassenen Passus des Briefs: "wie einer Tochter", oder analog: Warum geben sie ihr nicht die 30 000 Euro wie einem Sohn?

Schreibt so ein Selbstmörder?
"...Und jetzt noch einen Kuss und gute Nacht, damit ich morgen ein Fabrikchef bin, wie es verlangt wird." Seite 85.
Könnten auch Worte von Felice sein, ihr Wienerisch ähnelt ja durchaus der Sprache Kafkas, obwohl sie Kärntnerisch sagt, eher, jedenfalls schön.
Allerdings kann ich schon verstehen, dass die Selbstmordreflektionen Kafkas in dem Brief, gerade bei einem introvertierten Menschen, Brod schockiert haben, so dass er sofort an dessen Mutter schrieb, die sich auf die Suche nach einem Kompagnon machte; Brod hat die Kernaussage, dass es kein Abschiedsbrief ist, nicht verstanden, dass Kafka das Schreiben wichtig war, denn der Tod wäre eine ewige Unterbrechung des Schreibens gewesen, nicht nur eine vorläufige, und zu einem Ende kam "Der Verschollene" dann ja trotzdem nicht.
Und dann addierte Kafka noch am Morgen, den ersten Teil des Briefes schrieb er um halb 1 in der Nacht (lt. Brod am 08.10.1912, Br 107; ich vermute den 07.): "Und doch, das darf ich jetzt am Morgen auch nicht verschweigen, ich hasse sie alle der Reihe nach und denke, ich werde in diesen 14 Tagen kaum die Grußworte für sie fertig bringen. Aber Hass - und das richtet sich wieder gegen mich - gehört doch mehr außerhalb des Fensters, als ruhig schlafend im Bett. Ich bin weit weniger sicher als in der Nacht." (Br 109) Nicht zu springen...
Und so hatte Brod doch recht, nur hatte er diesen Abschnitt in der Kafka-Biografie nicht angeführt.
Max Brod: Über Franz Kafka. Frankfurt am Main, 1966.
Br: Franz Kafka, Gesammelte Werke herausgegeben von Max Brod: "Briefe 1902 - 1924", 2. Auflage, Frankfurt am Main 1966.

"In der Strafkolonie"/Peinlichkeiten/Kastration/Gedachte Paradoxien

Die Frau lockt
Lockte Kafka als sexuelles Lustobjekt, um ihn vom Schreiben abzulenken; es handelte sich nicht um "geradezu Kastrationsängste des Dichters", da hat Klaus Mladek einigermaßen was missverstanden in seiner "Strafkolonie"-Kritik: "'Ein eigentümlicher Apparat'", in dem Text + Kritik-Sonderband VII/94 "Franz Kafka", herausgegeben von Heinz Ludwig Arnold (HLA), München 1994, Seite 120, wenn dann um die Kastration des Schreibens, aber Mladek bemerkte die Damen im Hintergrund in der Erzählung, "die falschen Einflüsterer" (ebenda), ich würde sagen Einflüsterinnen (vgl. "Ein Landarzt und andere Drucke zu Lebzeiten", nach der Kritischen Ausgabe, hg. von Hans-Gerd Koch, Frankfurt/Main 1994, Seite 182; respektive "In der Strafkolonie", in: "Sämtliche Erzählungen", herausgegeben von Paul Raabe, Frankfurt/Main 1990, da Seite 114, Mladek bezieht sich darauf).

Er hat es wohl nur halb missverstanden!
"In der Strafkolonie" hat Mladek aber sorgfältig gelesen, das muss man schon sagen, auch wenn die Frage ist, ob das konkret so was bringt, auch mir, dass der Todesmaschinenbediener den letzten Todgeweihten vor einer Stunde dazu verurteilte (Mladek schreibt "Morgen", HLA, Seite 122), und sich danach beklagt, dass die Frauen, wieder die Weibers, den zu Tode Verurteilten doch Nahrung zuführen würden, in den letzten 24 Stunden, obwohl er das untersagt hätte, und so kotzt der Letzte die Maschine voll, da der Knebel schon von Hunderten von Hingerichteten in den Mund genommen wurde; der Letzte beging die schlimme Tat, dass er seinem Herrn, einem Hauptmann, nicht alle Stunde salutierte (als der Hauptmann ihm dafür eins mit der Peitsche überzog, da bedrohte der den mit Auffressen; "Ungehorsam und Beleidigung des Vorgesetzten", S. 161). "Absurdes Theater!" Würde ich sagen, und dann war der Täter auch noch "mager" (S. 174), wie Kafka, das übersah Mladek.
Die Taschentücher hätte der Verurteilte von den Damen bekommen, wann denn, um Gottes Willen, alles in einer Stunde (S. 189)?
Die Dichte der Geschichte, der Ereignisse erzeugen (beinahe) zeitliche Paradoxien und ich glaube auch nicht, dass Kafka das verstanden, beabsichtigt hatte, aber die Ausführungen sind so in der Schwebe, dass es nicht zwangsläufig nicht so sein könnte, dass alles in der kurzen Zeit geschah: Anklage, Urteil, Taschentücher-Beigaben.
Kein Essen für diesen Verurteilten, aber es ging allgemein darum (S. 176), auch wenn von "dem Mann" die Rede ist, aber sind nicht alle Verurteilten Männer gewesen?
Der Offizier vollzieht an sich das Urteil, wozu Josef K. im "Prozess" noch nicht bereit ist: "'Du bist frei', sagte der Offizier... Zum ersten Mal bekam das Gesicht des Verurteilten wirkliches Leben. War es Wahrheit? War es nur eine Laune des Offiziers, die vorüber gehen konnte? Hatte der fremde Reisende ihm Gnade erwirkt? Was war es?" (S. 187)
Eine klare Parallele zum Ende des Prozesses, der gleichzeitig entstand, Josef K.: "Seine Blicke fielen auf das letzte Stockwerk des an den Steinbruch angrenzenden Hauses. Wie ein Licht aufzuckt, so fuhren die Fensterflügel eines Fensters dort auseinander, ein Mensch schwach und dünn in der Ferne und Höhe beugte sich mit einem Ruck weit vor und streckte die Arme noch weiter aus. Wer war es? Ein Freund? Ein guter Mensch? Einer der teilnahm? Einer der helfen wollte? War es ein einzelner? Waren es alle? War noch Hilfe?" Franz Kafka, "Der Proceß" in der Fassung der Handschrift, herausgegeben von H.-G. Koch, FfM 1994, Seite 241.

Absurdes Theater gabs damals noch nicht
Kafka hätte "Komödie!" geschrien, wie Georg Bendemann im "Urteil".
Mladek versteht wenig, denn bei seiner Zeitkonfusion übersieht er, dass die Damen den Schuldigen vor der Abführung mit Zuckersachen voll stopften, nicht irgendwann in den letzten 24 Stunden, wie der meint (HLA 122).
Die Zitate von Mladek entsprechen nicht dem Text von Kafka, das muss ganz klar gesagt werden. Ich habe auf Seiten Kafkas weder einen logischen Fehler noch eine Zeitverwirrung festgestellt, es ist nun einmal eine rasante Foltergeschichte; "peinlich", aber war der 1. Weltkrieg nicht viel peinlicher oder der 2., später, der Religionskrieg, der jetzt stattfindet: Islamismus versus USA.
Eigentlich ist schade, dass sich der Herausgeber nicht die Mühe gab, die Zitate Mladeks nachzuprüfen, denn sowas sollte ja schon bei einer Universitäts-Klausur, -Hausarbeit der Fall sein.

Das Rauschen im Telefonhörer
Das konnte zu Kafkas Zeiten noch mehr klar sein, als heutzutage, und trotzdem geschieht es im Roman Zweck gerichtet, auch als Ironie gegenüber der Technik möglich. Und auch dass Kafka so lange bei seinen Eltern lebte, so ungewöhnlich ist das nicht, erst bei Heirat zieht man aus, manchmal noch nicht einmal dann, ist z.B. auch heutzutage noch in Polen, Russland oftmals der Fall; da muss man nicht den akademischen Mittelstand der Heutzeit dagegen setzen.

5 Tage/Max Brod/Unsorgfalt/Angst um Felice

Max Brod und F. K.
"Über Franz Kafka"
"Dieses Buch vereinigt die drei wichtigsten Schriften Max Brods über Franz Kafka: 'Franz Kafka, eine Biographie'[,] 'Franz Kafkas Glauben und Lehre'[,] 'Verzweiflung und Erlösung im Werk Franz Kafkas'", Rückcovertext: Frankfurt am Main 1974 (Fischer Taschenbuch).

"Franz Kafka. Eine Biographie"
Text nach der vom Autor Brod neu durchgesehenen 6. Auflage der 5. Ausgabe, Frankfurt am Main und Hamburg, 1963: Max Brod hat in der Biographie einen Gestus gegenüber Kafkas Schriften, als ob sie ihm gehörten, ellenlange Zitate werden ohne Seitenangaben aufgeführt, nur die Werke benannt, immerhin; während der Entstehung der Biographie, 1937, waren Kafkas Schriften ja teilweise noch nicht publiziert, da also möglicherweise verständlich, aber im Zuge der Neuausgaben schon Schluderei, ja sogar schon in der Erstausgabe von 1954 (die englische Ausgabe bei Schocken Books, New York).
Das ist aus heutiger Sicht schon (fast) Diebstahl geistigen Eigentums (und mehr). Die Unsorgfalt bei den Editionen ist mir schon bei der erweiterten und neu geordneten Ausgabe der "Briefe an Milena" aufgefallen, herausgeben von Jürgen Born und Michael Müller, dass die Seitenangaben nicht angepasst wurden.

Brodsche Pfiffigkeit
In Wahrheit hab ich Angst um Felice...
Zwei Tage keine Sims von ihr (in Wahrheit netto 24 Stunden, bisher).

Samstag, 29. Juli 2017

Eine kleine Frau/August Strindberg/Initiale-Änderung/Harte Briefe (unfair sich selbst gegenüber)

"Zusammenbruch"
Als Kafka die Arbeit am "Schloss"-Roman abbrach, dann wechselte er auch seine Initiale vom K zu F, am Ende der Briefe zu engen Freunden.
Was Kafka unter seinen Zusammenbrüchen verstand, ist mir nicht ganz klar, geistiges Ausklinken, Verwirrung; zusätzlich zu der Schlaflosigkeit, den Schmerzen, der Lärmempfindlichkeit, Angst vor dem Wahnsinn oder Wahnsinnszustände, ohne sie explizit zu benennen (er kannte sowas ja auch von Strindberg), denn er schrieb (in Briefen), wenn er nicht mehr schreiben würde, würde er irrsinnig, aber in Matlar schrieb er eigentlich folgenlos nichts. Und um einen körperlichen Zusammenbruch kann es sich nicht gehandelt haben, da war er ja eh meistens fertig.
Ist schon merkwürdig, wie wenig Fortschritte die Lungenheilkunde in den letzten 80 Jahren gemacht hat, bis auf die Antibiotika, bei Resistenz dagegen: Fieber, Schlaflosigkeit, Höllenschmerzen (obwohl Felices Eltern Ärzte sind, können sie den Unterschied wohl nicht auflösen).

In den "Briefen" ist Kafkas Ende hart
Vielleicht aber auch nur so hingestylt worden?
Zumindest etwas.

Meiner Meinung nach
Der Brief auf Seite 461 ff. an Valli Pollak (eine seiner verheirateten Schwestern), von Brod dem "November 1923" zugeordnet, spielt nicht in der ersten Berliner Wohnung bei einer kleinen Frau, sondern in der danach, denn die wurde ihm gekündigt: "Die Uhr tickt, sogar an das Ticken der Uhr habe ich mich gewöhnt, höre es übrigens nur selten, gewöhnlich dann, wenn ich besonders billigenswerte Dinge tue, sie hat, die Uhr, gewisse persönliche Beziehungen zu mir, wie überhaupt manche Dinge im Zimmer, nur dass sie jetzt, wo ich gekündigt habe (oder genauer: seitdem mir gekündigt worden ist, was in jeder Beziehung gut ist und im übrigen eine komplizierte seitenlang beschreibbare Angelegenheit ist), sich zum Teil von mir abzuwenden anfangen..." (A.a.O., S. 462)
Die Uhr war abgelaufen, hier aber bestimmt nicht seine persönliche, noch nicht. Und dann schellte noch das Telefon, er saß am Tisch, der weite Weg zum Hörer war unüberwindbar. Es stand auf dem Tisch.
Die Erwähnung des Reformationstages (S. 462) (am 31.10.) und der Miquelstraße (S. 463) sprechen aber gegen meine These.

Tobsuchtsanfall oder beinahe
Kurz vor dem Ende hatte Kafka noch Kräfte, auch um sich gegen den Lärm zu wehren: So unähnlich ist sein Schicksal Felices bisherigem in diesem Jahr nicht.
Sie ist wieder schwer krank.
Aber wie durchbrechen?

Georgental-Theater/Stolz des Vaters/Witzige Briefe/Kafka at his Best

Reise nach Georgental
Die Briefe vom 04./05. Juli 1922 sind wie eine Selbstinszenierung, eine möglicherweise so nicht gewollte.
Eine möglicherweise so nicht gewollte Nabelschau, Inszenierung, Theater-Szene; Begriffe, die mir dazu einfielen und die es ja eigentlich nicht sind, sein können: Kafka schrieb einen Brief an Oskar Baum, dass er ihn in Georgental besuchen werde, zwischen dem 15. und 20. Juli, nach Kämpfen mit sich, Pro und Kontraargumentationen (Reisestrapazen versus Wiedersehensfreude, dass Ottla dann Platz in ihrer Hütte in der Sommerfrische für einen Besuch hätte, bei der er in Planá zu Besuch weilte, monatelang; er dann in Prag vorbei schauen könnte): "Von Oskar kommt kein Wort, er hat mich in seinem Thüringer Glück vergessen", so beschwert Kafka sich noch bei Robert Klopstock, lt. Brod Anfang Juli 1922 (S. 381), dann kamen die Worte wohl doch, wie Kafkas oben erwähnter Brief klar stellt; er bedankt sich bei Baum sogar, dass alles so gut vorgeplant sei, wurde.
Dann will er den Brief einwerfen, aber seine Schwester Ottla (David[ova]) meint dann, dass es besser sei, ein konkretes Datum zu benennen, er hat nichts zu schreiben mit, nimmt den Brief mit zu ihr nach Hause, lässt ihn liegen, diskutiert in einem Brief an Max Brod dann die weiteren Argumente seines Aufenthaltsortes, unter dem primären Gesichtspunkt des Schriftstellers, dass der sich an seinen Schreibtisch mit den Zähnen fest beißen müsse, den so festhalten (nach längerer Zeit schrieb er in Planá wieder, wohl am "Schloss"-Roman), damit das Schreiben Erfolge zeitigen würde. Das spielt sich in einer schlaflosen Nacht ab, in der Kafka die Dämonen besiegen will; nur so könne er schreiben, dass das ganz anders aussehen würde, als Schrifttum des hellen Tages; berühmte Zitate enthält der Brodbrief, allerdings wird die Thematik da verdichtet, könnte es sich auch nur um eine Momentaufnahme handeln, weit eher als um vieles andere: "einem pensionierten Beamten steht ja die Welt offen, soweit sie nicht mehr als tausend Kronen monatlich verlangt." A.a.O., Seite 377; der davorige Brief an Oskar Baum, einen Reisepass für Deutschland habe Kafka sich schon besorgt (von Brod Ende Juni 1922 zugeordnet, eher erschiene mir wahrscheinlicher, da Baums da noch eine Wohnung in Georgental suchen, am 04.07. aber schon alles gemanagt hätten; man muss ja auch die gegenseitigen Brieflaufzeiten bedenken, wann ist Ende eines Monats?).
Diese Bezüge, Verwobenheiten sind mir erst langsam aufgegangen, wer kennt schon Georgental, wie verschlägt es einen da hin?
Also brauchte Kafka zum Schreiben Ruhe, Zeit, leidliche Gesundheit.
Um zum Ausgangspunkt zu gelangen, die Inszenierung stammt dann wohl eher von Brod, seine Reihenfolge der Briefe, erst der nicht abgeschickte, dann der große Angstbrief der Schreckensnacht an Brod, als Resultat sagt Kafka dann den Besuch ab: "Ich habe Oskar abtelegrafiert, es ging nicht anders" (a.a.O., S. 387), dann schreibt er am 05. Juli 1922 einen weiteren Brief an Oskar, in den er den am 04. geschriebenen beilegt und den Inhalt des Telegramms auch: "Ich telegrafiere euch heute: Kann leider überhaupt nicht kommen, Brief folgt." In dem Brief selber schreibt er, dass der Brief komme, witzig, als Telegrammzitat.

Angst vor der Veränderung
Und natürlich wusste Kafka da schon, dass er sterben musste, bereits viel früher beklagte er die Hinauszögerung des Todes durch Medikamente, Ärzte usw., was im Endeffekt doch die Todesangst beklagt (ich wollte ursprünglich belegt schreiben): Ich will nicht sterben.
Er litt da wohl unter einer Lärm-Phobie.

Bitterer (oder verbitterter) Zynismus
Wie viele verschiedene Worte doch zu einem Ziel führen können: Kafkas Vater Hermann sollte mit siebzig leuchtende Augen bekommen haben, vor Stolz, als er von seinem Sohn sprach (Kafka ist hier immer gleich Franz), im Krankenhaus, nach einer Operation, Heinrich Weltsch zufolge; Brod steckte das Kafka, der antwortete dem letztgenannten im Brief von Ende Juli 1922 aus Planá: "Was wären hier für Begründungen des Augenleuchtens? Ein heiratsunfähiger, keine Träger des Namens beibringender Sohn; pensioniert mit 39 Jahren; nur mit dem exzentrischen, auf nichts anderes als das eigene Seelenheil oder Unheil abzielenden Schreiben beschäftigt; lieblos; fremd dem Glauben, nicht einmal das Gebet für das Seelenheil ist von ihm zu erwarten; lungenkrank, hat sich die Krankheit überdies nach des Vaters äußerlich ganz richtiger Ansicht geholt, als er zum ersten Mal für einige Zeit aus der Kinderstube entlassen, sich, zu jeder Selbstständigkeit unfähig, das ungesunde Schönbornzimmer ausgesucht hatte. Das ist der Sohn zum Schwärmen."
Und vorher noch lobte er seine Nichte so sehr, als die gute Vera sich auf den Po setzte, dass sie lächelte, als ob sie "das Kunststück wahren Sich-Setzens" erfunden hätte (alles a.a.O., S. 401).

Die kalte Hölle/Kafkas Humor/Sanatorien/Robert Klopstock

In Matliary war Kafka lebendig begraben
Als er dann im September 1921 wieder nach Prag zurück kehrte, war er in den Briefen (zumindest an die Freunde) ironisch, witzig, nicht so depri (depressiv) wie im Sanatorium in Matliary, sozusagen unter Menschen: In der Arbeit gings ihm wieder besser; er unterzeichnete seine Briefe an Freunde auch nur mit K, wie dann im Schlossroman.
Mag sein, dass der Fehler auch darin lag, dass er da nicht schrieb. Jedenfalls zog Brod sich doch ganz schön von seinem Freunde da zurück, und wenn um etwaig da nicht angesteckt zu werden, beim Lungenhusten.
In Matliary, immer denke ich an Matlarhazy, weiß nicht genau warum, war Kafka schon begraben, "bin aber nicht sehr müde, im Husten sogar sehr kräftig." Nach der Arbeit, im Brief an Robert Klopstock vom 08.10.1921 (schon wieder in Prag), a.a.O., S. 360.

A.a.O., Seite 361
"In früheren Jahren pflegte mein Vater, wenn ich irgendeine scheinbare Dummheit... machte, zu sagen: 'Der ganze Rudolf!' Womit er mich mit einem für ihn äußerst lächerlichen Stiefbruder meiner Mutter verglich, einem unenträtselbaren, überfreundlichen, überbescheidenen, einsamen und dabei fast geschwätzigen Menschen. Im Grunde hatte ich kaum etwas Gemeinsames mit ihm, außer dem Beurteiler." Und so näherte er sich dem Onkel dann beinahe noch an.
Ein weiterer Brief an Robert Klopstock, von Brod Prag und "Mitte Oktober 1921" zugeordnet.

Wirklich witzig
A.a.O., S. 365 "[Prag, Anfang Dezember 1921]": "Nach ein paar fieberfreien Tagen jetzt wieder Fieber. Der Arzt hat mir nur einen Tee verschrieben, der, wenn ich den Arzt richtig verstanden habe, kieselsäurehaltig ist und Kieselsäure soll, wie er irgendwo (hoffentlich in keiner humoristischen Zeitschrift) gelesen hat, die Vernarbung befördern."
Daran und an anderen Beispielen merke ich, dass meine frühere Art der Klammerung auch von Kafka inspiriert war, des Öfteren die Uneindeutigkeit fördernd. Heutzutage würde ich schreiben: Wie der Klempner, der meinen Ofen repariert, irgendwo gelesen hat, hoffentlich nicht in der Homopost (es geht also auch ganz ohne das In-Klammern setzen, hihi)...
Und die häufigen Fieberanfälle Kafkas erinnern mich doch etwas an meine Felice, die wieder krank darnieder liegt (Krankenstation ihres Sanatoriums), sie ist ja auch noch lungenkrank (in der Rekonvaleszenz), hatte ich den Gedanken da gehabt, Medizin zu studieren, um den Kranken zu helfen (aber zu spät), wie Robert Klopstock es dann auch machte.
Und im gleichen Brief heißt es auch noch: "Freilich gilt bei... Berufswechsel gewöhnlich, dass die Lehrzeit Unstudierter drei Jahre, die... Studierter sechs und mehr Jahre beträgt." Da gings um nen Juristen, der Schlosser wurde, praktische Entfernung im Universitäts-Elfenbeinturm (so war das früher oftmals, heutzutage nur noch in falschen Anekdoten, wie meine Erfahrung mich lehrt), Kafka schrieb das mit Lungentuberkulose, nicht mehr in seinem "Zimmer, die kalte Hölle, ist ungeheizt", Horror, sondern bei seiner Schwester in der Wohnung (ich vermute Ottlas Prager Wohnung).
Und ich hoffe, dass Felice gesund wird, nicht das gleiche Schicksal erleiden muss wie ihr Namens-"Geber", von dem sie einen Originaldruck, -Stich (?) besitzt.

Wohnungs-"Wächter"/Meldung/Träume/Felice/Kafkas Briefe/Ein Nachtrag

Witzig, witzig (Schwesterträume)
Und witzig sind sie nur des Inzestgedankens wegen (anhand der psychoanalytischen Schriften, mit denen Kafka sich in seinen Briefen beschäftigte), Pseudoinzest: In einem Traum fightete ich auf nem Schiff, wurde dann abgeknallt, von zig Feinden, dann aufgewacht (ich glaube, den wollte ich Felice schildern, aber er entfiel mir en détail), dann in nem anderen, dass ich meiner Schwester das Genick brach und dann den abgerissenen Kopf präsentierte, dann stürzte ne Meute mit Macheten auf mich los, da erwachte ich.

Von Max Brod
"Franzi oder eine Liebe zweiten Ranges", Roman, München, 1921: Auch wenn die Felice-Liebe bei mir vielleicht anfänglich zweitrangig war, Kummer über Lauras Tod, dann ist sie jetzt aber eine große.

Falsch geordnete Briefe
War mir alles andere als sicher, diese Kritik hier aufzuführen, denn das wird auch anderen aufgefallen sein, dass die Wahrscheinlichkeit per se größer ist, dass ein Brief eher geschrieben wurde, der schon einen Stempelaufdruck besitzt, als einer mit Datumsangabe vom gleichen Tag (das gleiche Kriterium wandte Brod ja an, nur wurde der nicht abgestempelte Brief im abgestempelten erwähnt, und das ist mir beim Lesen aufgefallen): "Da wahrscheinlich deine Frau etwas für das Jahrbuch abzuschreiben hat, war ich heute gegen Abend bei ihr, habe sie aber, da sie nicht zuhause war, nur durch einen Zettel davon verständigt" (a.a.O., Seite 280), der Zettel ist aber der so genannte Brief an Elsa Brod vom 07. August 1920 (a.a.O., S. 281), und das Datum wurde auch von Brod hinzugefügt, also doch reichlich idiotisch, diese Ordnung, da der gestempelte Brief doch weit über den Inhalt des Zettels hinaus ging (a.a.O., S. 279 f).
Normalerweise müsste die Art des Briefes auch erwähnt werden, ist ein Zettel ein Brief: "Liebe Frau Elsa, der Wächter hat Sie leider nicht angetroffen. Wird gemeldet. Sonst wollte ich nur sagen, dass der jüdische Nationalkalender nach einem Brief von Otto Abeles heuer doch nicht herausgegeben wird, Sie also nichts abschreiben und hin schicken müssen. Herzliche Grüße Ihr F", wobei "der Wächter" Franz Kafka dann wohl selbst gewesen wäre, die Meldung der Brief an ihren Ehemann.
Eine Brieffunktion hat der Zettel schon, im Gegensatz zu der mit einem Fragezeichen für das Jahr 1921 vom Herausgeber versehenen Traumnotiz: "Liebe Ottla, heute in der Nacht zwischen dem 31.I. und 1.II. wachte ich in etwa um 5 Uhr auf und hörte dich vor der Zimmertür 'Franz' rufen, zart, aber ich hörte es deutlich. Ich antwortete gleich, aber es rührte sich nichts mehr. Was wolltest du? Dein Franz", (a.a.O., S. 301). Diese Notiz hat auch eine Brieffunktion, anhand der Ansprache, aber kann nicht aus dem Jahre 1921 stammen, da Kafka da in einem Sanatorium in Matliary war, eher von 1918, als er bei seiner Schwester in Zürau zur Erholung war, aber warum dann Brief statt direkter Frage?
Vielleicht im Schlaf eine Einbildung, oder ein Traum?

Anfang 1921 war für Kafka ein hartes Jahr
Das Wort, das ich eigentlich schreiben wollte, entfiel mir, wo er noch nicht einmal regelmäßig schaffte, Briefe an einem Stück zu schreiben, sie entstanden in bis zu 3 Wochen; und Qual, Elend, Schmerzen, Lärmüberempfindlichkeit.

Freitag, 28. Juli 2017

Todeskampf/Schäme dich!/Julie Wohryzek, Kafkas zweite Verlobte/Minze E./Frauenheld

Im Brief an Max Brod von Mitte November 1917 aus Zürau
"Elendes Leben, elender Tod. 'Es war, als sollte die Scham' mich 'überleben'", in etwa so ende "Der Prozess" und so fühlte Kafka sich auch selber, nach dem Ausbruch der Lungentuberkulose.
"Franz Kafka: Briefe 1902 - 1924", herausgegeben von Max Brod, Frankfurt am Main, 1966, Seite 195.
Und der Erste Weltkrieg findet bei Kafka tatsächlich nicht statt, weder in Briefen noch Tagebüchern noch Romanen, so gut wie nie (nur der eigene Todeskampf).

Kafkas zweite Verlobte
Julie Wohryzek bleibt die große Unbekannte.

Minze E.
Durch die erblühte Kafka Ende 1919 richtig, sie war 19, er 36; wurde überhaupt in seinen letzten Lebensjahren beinahe ein Frauenheld, Baggerer in Sanatorien.

Inzestgedanken beim Manne
Weiß ned, ob der Titel so richtig ist, aber früher, bei einer normalen Frau als Bezugspunkt im Leben, der später Geehelichten, dazu paar Bordellabenteuer, kann ich mir sowas durchaus vorstellen, Schwester als weiblicher Bezugspunkt und Sexual-Ersatzobjekt.
Auch bei Kafka (ohne Heirat).

Donnerstag, 27. Juli 2017

Dohle im Käfig/Vogel im Kopf/Chatkontakte

So bin ich erwacht
Es klopfte ein Vögelein aus meinem Kopf, Gehirn, von innen gegen den Schädel, es war ne Dohle im Käfig, Kavka, eine von drein, die anderen stoben davon, die eine klopfte mit den Flügeln gegen den Käfig, so bin ich erwacht.

23 Uhr 45/50
Ich legte mich ca. vor 25 Minuten nieder.
Ja, von Franz träum ich viel, von meiner Freundin Felice nie, vor dem Einschlafen geträumt, phantasiert, dass sie eine blaue Cordhose von mir anprobiert, zu weit, zu weit, ich ihr ein Kleid daraus schneidere: Babyblau.
Und warum ich heute keinen konkreten Chatkontakt zu ihr aufnahm, ist mir auch nicht klar, sie ja auch nicht, obwohl wir das ja im Donnerstagmorgenchat so ausmachten, bevor ich nach der Arbeit schlafen ging, und ich sie liebe und sie mich und ich des Öfteren heute konkrete Anwandlungen ihrer Nähe spürte, sie berührte, zum Quickie am Morgen dazu (auch eine Flasch Bier getrunken).
Und mein Kopf scheint auch immerzu erhitzt zu sein, Pein. Auch wegen Winnie, er raucht hier in unserer Wohnung, WG, verpestet sie so, sagt aber dass er nur eine geraucht hätte, in seinem Zimmer, lässt der viele Wein keine Entscheidung mehr zu?

Autoren ihrer Leben/Gut, gut!/Friedrich Hebbel/Kafkas Jugend/Felice Fkavka/Kleine Anekdote

1800 Seiten in einem Zug gelesen
Muss der lang gewesen sein: Kafka die von Hebbbel, 1904.

dtv portrait "Franz Kafka" von Detlev Arens
München, April 2001, Originalausgabe: Das ist das Buch, das ich momentan lese...

Auf Seite 69 steht der zweite mir aufgefallene Fehler
"Übrigens hatte Felice selbst Grete Bauer", müsste selbstverständlich Bloch heißen, "um diese Vermittlung gebeten", dass Kafka wieder Kontakt zu ihr aufnahm, nach dem Sanatoriumsaufenthalt in Riva, wo er G. W. kennen lernte, Gertrude Wasner (nix ging, sexuell!).
Felice hatte da Kafkas Eheersuchen angenommen (sic!)...
Übrigens habe ich jetzt die ersten konkreten Lebensdaten von Felice Bauer erfahren, dass sie ja Prokuristin gewesen sei, in Berlin, also durchaus Franz hätte als Autor mit ernähren können (meine Meinung); sie ähnelt einer gescheiterten Beziehung von mir: Deborah Wrxtl (früher schrieb ich mal Frauen auf dem Lande, aber das eine schließt das andere ja nicht aus, vor Deborah, die mittlerweile in der Hölle schmort, Witz).
Felice ging dann nach Amerika, entkam also der Judenmeuchelei, dem Holocaust, als eine der wenigen, verscherbelte dann Kafkas Briefe, als ihr Mann starb und sie krank wurde (so hat Franz sie dann noch doppelt errettet).

Und jetzt der erste (Seite 49, Kapitel "Beamtenlos")
"Sehr wichtig war die Hilfe von Josef David, wenn Franz Kafka Briefe auf Tschechisch abfassen muss"te. Franz bedankte sich dann bei dessen Frau und seiner Schwester Ottla "'für die Übersetzungen, sie fast so gut wie Marmelade'; beide Briefe gehen wieder an die 'Anstalt'". Im Original, zitiert aus: Franz Kafka, "Briefe an die Eltern aus den Jahren 1922 - 1924", herausgegeben von Josef Čermák und Martin Svatoš, Frankfurt am Main, 1993: Sie seien "fast so gut wie die Marmelade", Seite 52: Kafka lebte da mit Dora Diamant in Berlin, es ging um benötigte amtliche Beglaubigungen dafür, dass er weiterhin arbeitsunfähig sei, dass ihm weiterhin die Pension ausbezahlt werden würde, seinen Eltern in Prag für ihn, von der Arbeiter-Unfallversicherungsanstalt (ehemals für das Königreich Böhmen, da der Tschechei). Und Lebensmittel, "Marmelade", bekam Kafka zugesandt, da in Deutschland die Ultrainflation herrschte, er kaum was zu fressen hatte, es sich kaum leisten konnte, von der Pension (wegen der Inflation und des Devisenumtausches; 1004 Kronen waren damals so wenig nicht, als Frühpension).

Kleine Anekdote
Felice Bauer war schockiert, als Franz Kafka in einem Brief vom Sie zum vertraulichen Du wechselte, gleichzeitig das Thema Ehe und Negierung der Vaterschaftsfähigkeit anschneidend, das verstörte die Empfängerin doch sehr (a.a.O., Seite 66): November 1912 (die Briefe noch nicht gelesen hab, um etwas zu dem Zusammenhang zu sagen oder halt auch nicht).

"Der 'Brief an den Vater'"
Das Buch von Detlev Arens fängt etwas unglücklich an, dass er die Privatheit des Briefes in Zweifel zieht, obwohl die Berechtigung da sein mag, nicht bei Kafka als Kind: Wenn Felice heute nicht schlapp gewesen wäre und früh eingeschlafen, wir also gesexelt (oder auch nur gechattet) hätten, dann mag sein, dass ich das Buch zur Seite gelegt hätte, weil mir der Anfang missfiel, auch nur wenig Neues brachte, jedenfalls mir, Fkavka, meine Freundin.
Und dann habe ich ja auch noch 15 € bezahlt, dass ich mir die Bücher auslieh, Verlängerung des Leseausweises um ein Jahr, in der Uni-Bibliothek hätt ich mir das oder andere Kafka-Bücher umsonst ausleihen können, sogar für zwei Monate, für nur 28 Tage, mit restriktiver Überziehungshandhabung, sofort Cash zu bezahlen.
Mit Kafkas Jugend war ich bei Klaus Wagenbach schon unzufrieden gewesen (das ließ mich hier auch weiter lesen): "Kafka", Reinbek bei Hamburg, 1964 (die rororo-Monographie im Original; nun mit Ergänzungen käuflich zu erwerben).

"Eine Ende machen"
Arens, S. 73: Natürlich ist da der Druckfehlerteufel am wirken gewesen und auch kein so bedeutender Fehler, dies, aber dass "Der Prozess" 1992 unter der Regie von David Jones entstanden sei, das erscheint mir doch fragwürdig (a.a.O., S. 89); ich vermute David Lynch.
Stimmt aber, mit Kyle Mc Lachlan in der Hauptrolle, halb unpassend.

Wie Kafka so Twain
Von beiden las ich fast alles, von Twain fast alles vergessen, rudimentäre (und mehr) Erinnerungen an Tom Sawyer und Huckleberry Finn, aber auch den "Yankee aus Connecticut an König Artus Hof", den Springfrosch von Calaveras County, der bestimmt leicht anders hieß: "Der berühmte Springfrosch von Calaveras".
Und auch dass ich Tom Sawyer fortsetzen wollte, fällt mir dazu ein.
Und mir gefiel fast alles von beiden, das muss ich auch so sagen.

All die Sanatorien
Arens setzt als selbstverständlich voraus, dass Kafka immer krank war, wie kommt er darauf?
Obwohl ich mich auch fragte, was Kafka als Gesunder in all den Sanatorien wollte, wenn nicht irgendwelche Heilung, nur wovon: Komm und besorg es mir, Lungentuberkulose.

Der Autor seines Lebens
Trifft nicht nur auf mich zu, sondern auch auf Kafka: Da ist Josef K. nun zufällig Prokurist, hat wie Felice B. die Prokura: "Der Prozess".
Und so wenig wie die Juristerei den juristischen Begriffen beigeordnet wurde, so auch den anderen andere Alltäglichkeiten nicht, selten.

"Vor dem Gesetz"
Die "Türhüter-Legende" zum Kern vom Prozess zu machen, nur weil sie an anderer Stelle publiziert werden sollte, wird Kafka ungerecht, da er gute Teile (als gut erachtete) stets aus seinen Romanfragmenten, Tagebüchern und so weiter raus zog; oder ist etwa deshalb "Der Heizer" der Mittelpunkt vom Verschollenen?

Traum mit Derishow
Von ihm träum ich, von Kämpfen, von Felice nicht, *heul*, Franz schon: Kafka.

Mittwoch, 26. Juli 2017

"Das Schloss"/"Manhattan Transfer"/Frieda und Pepi/Hans und K./John dos Passos/Großstadt- versus Dorfroman

1922
Kafka war schon von der Lungentuberkulose gezeichnet (Ausbruch 1917), als er den "Schloss"-Roman schrieb, begann; dennoch bewundere ich die Sprachgewalt, erster mir aufgefallener kleiner Fehler auf Seite 179, dass Hansens Mutter (Frau Lasemann), nachdem K. mit ihr gesprochen habe, sie danach "einige Tage im Bett gelegen" sei, "was freilich öfters geschehe"; als das Gespräch mit Hans geschah, war das der fünfte Tag, dass K. im Dorfe war, und auch noch am Morgen, also eine eher kleine Ungereimtheit (die erste Episode spielte sich in der zweiten Nacht ab). Dann "suchte nun Hans bei K. Hilfe gegen den Vater, es war, als habe er sich selbst getäuscht, da er geglaubt hatte, er wolle K. helfen, während er in Wirklichkeit hatte ausforschen wollen, ob nicht vielleicht, da niemand aus der alten Umgebung hatte helfen können, dieser plötzlich erschienene und nun von der Mutter sogar erwähnte Fremde dies imstande sei", dazu imstande sei (nicht dies), Seite 181, wenn kein Austriazismus, dann ein Fehler, dann wollten sie ein Date arrangieren, aber K.'s Beziehung mit Frieda zerbrach, seiner Braut, und er verschlief das dann im Herrenhof; auch ein kleiner Fehler, dass er so gegen 6, 7 morgens sich niederlegte, 12 Stunden schlief, und dann am Abend hatte der Herrenhof noch nicht seinen Gastraum geöffnet, wann denn? Danach!
Auch war K. eigentlich nur im Gespräch mit dem Verbindungssekretär Bürgel müde, vorher und danach kaum, nur in den gestrichenen Passagen, die Brod ganz gut ins Spiel brachte, in den von ihm herausgegebenen Gesammelten Werken Kafkas, 3. Ausgabe, "Das Schloss", Frankfurt am Main, 1968 (für die Taschenbuchausgabe).
Auf Seite 300 der Handschriftausgabe steht, dass Frieda K. einen Teller mit Speisen und einer "Flasche Wein" brachte, auf Seite 309 war dann auf dem Geschirrbrett, "das Frieda auf dem Boden liegen gelassen hatte", ..."eine kleine Karaffe Rum", die er austrank, obwohl es sich bei diesem "Geschirrbrett" auch um die "Tasse" von Seite 296 handeln könnte, ein Tablett, möglicherweise fiel Kafka der Begriff nicht ein (oder Pragerismus, Austriazismus?).
In der Brodschen Erstausgabe endet "Das Schloss" mit Handschriftausgabenseite 308 (von 380), lt. Malcolm Pasley, in der "Nachbemerkung", Seite 385, dass K. Frieda endgültig (vorläufig?) verliert.
Bis auf die nicht so leicht ausmerzbaren Fehler mit Barnabas und seiner Botenkarriere ist der Roman also stringent vorangetrieben worden, aber halt nicht weit gekommen.

"Manhattan Transfer"
John Dos Passos New York-Großstadt-Roman ist dagegen ganz anders aufgebaut, Zeitereignisse spielen rein, er benutzt viel mehr verschiedene Worte, auch französische, aber die Dichte Kafkas erreicht er nicht beziehungsweise dass man wissen möchte, was den vielen Protagonisten widerfährt (von 1925).

Müdigkeit nach über 20 Stunden Wachseins
Auch das kann ich K. nachsehn, besonders wenn man durch den Schnee tappert, schon vorher nicht zu viel schlief: Das Schloss ist unerreichbar.

Frieda und Pepi
F. ist mir sympathischer, zeitweise, aber Pepi hat einfach mehr Sex, deshalb passt sie zu K. besser.

Dienstag, 25. Juli 2017

Taschenbuchausgaben/Anerkennung/Carl von Sternheim/Monderry-Fragment/Fontane-Preis

Das "Monderry-Fragment" von Kafka
Es erinnert mich in Ansätzen an die "Unmögliche Beweisaufnahme" von Erich Nossack, also ist es dann wohl eher umgekehrt: Hans Erich.
Franz Kafka: "Tagebücher Band 3: 1914 - 1923", Frankfurt am Main, 1994 (a.a.O., S. 92 - 94).

Carl von Sternheim
Immer mehr erscheint es mir, dass das "Zeichen seiner Anerkennung", den Fontane-Preis 1915 an Kafka weiter zu geben, darin bestand, dass er Millionär war, also nichts mit einem Geldpreis anzufangen wusste (er hat nur die Geldsumme weiter geleitet). Und zufällig erschienen Kafka und Sternheim im Kurt Wolff Verlag, Leipzig. Und "Das Urteil" fand Sternheim wohl auch lesenswert, "Die Verwandlung" (die kurz vorher erschien)?
A.a O., S. 393 (aber auch in jeder anderen "biographischen Skizze" Kafkas der Handschriftausgabe).
Die Seitenangaben beziehen sich immer auf die Gesammelten Werke in zwölf Bänden, nach der Kritischen Ausgabe herausgegeben von Hans-Gerd Koch, Frankfurt am Main 1994, wenn nichts anderes angegeben ist (sie nun komplett gelesen und in meinem Besitz, sogar 13 Bände, "Beschreibung eines Kampfes und andere Schriften aus dem Nachlass", Band 5, doppelt).

HD ready/Kopfschmerz/Dreckig geht’s mir/Das Schloss

Es ist echt fast so, dass ich Angst vor der Arbeit habe
Gestern verschlafen, morgens, tagsüber, dann aber topfit gewesen, dann ab der Pause, nach dem ersten Biss in mein Mahl begannen die Kopfschmerzen, war es schlecht? Das Restaurant war so verqualmt, dass obwohl ich lüftete, die Luft fast stand, nur war ich da ja gar nicht so lang: Ich war zwar vor dem Essen beinahe überhungert, aber normalerweise werde ich dann ja fitter, so war das nicht, aber es ging, dennoch hatte ich auf dem Nachhauseweg leichte Kopfschmerzen, und obwohl es arschkalt war, lief ich fast nur im Shirt rum, hatte die Jacke ausgezogen, dann war hier noch Winnie auf, die Hütte verqualmt und er stank nach Alkohol, hatte sich mit nem Kollegen einen gezogen, nun wurden meine Kopfschmerzen immer stärker, ich aß auch noch ne Kleinigkeit, dann legte ich mich pennen, schlief nicht sofort ein, ging auf Toilette, putzte mir die Zähne, dann schlief ich auch gleich ein, wachte nach ca. 20 Minuten auf, mein Schädel drohte zu zerspringen, ich wälzte mich im Bett, aß noch ne Kleinigkeit, schluckte zwei Tabletten, der verheerende Kopfschmerz nahm ab, dann war ich auch schon eingeschlafen, wachte nochmals auf, die Kopfpinne war weg, aber ich schlapp, kam mir da und auch jetzt beinahe noch so vor, als ob ich gesoffen hätte, auch der Schädel war leicht erhitzt: Ich vertrage Zigarettenrauch einfach nicht mehr (auch gestern pennte ich solange, weil ich mit Winnie am Montag noch in sein Zimmer ging, als er sich da eine rauchte, das verstänkerte meine Klamotten); litt ich am Freitag, Samstag auf der Arbeit, am Freitag 2 Kilo zugenommen, dass es mir fast noch den halben Sonntag und auch Teile des Montags schlecht ging.
Und in der Nacht träumte ich, dass ich mit New Newstadto aus dem Schnee in den USA (oder doch Irland?) zum Literatur-, Filmagenten ging, der News Stück, Manuskript nicht total zerriss, sogar im Gegensatz zu der Meinung der Sekretärin wir direkt zu dem vorgelassen wurden, nur hatte ich nichts dabei, ja, ich bin Schauspieler; das mit dem Schnee erinnert mich an "Das Schloss", dann träumte ich auch in "Prozess"-Zusammenhängen, nur von Felice nicht, verzweifele auch beinahe, dass ich ihren Brief einfach nicht bekomme; der Agent sagte noch, dass Kohlehydrate in seien, als Thema, keine Kohlenhydrate, und der neue Fernsehstandard, "wie heißt er noch mal?" Demnächst, aber noch nicht ganz: "HDTV", ergänzte ich, denn er kam auf den Namen nicht.
New wurde gestern von Winnie erwähnt, dass wir uns treffen sollten.

"Das Schloss"
Es ist ja nicht klar, worum es K. geht, auch als Kafka zu sehn (das K.)?
Barnabas verzögert jedenfalls einerseits das Ausliefern von Briefen, dann andererseits sind die K.-relevanten seine ersten Aufträge: Seiten 220, 278 (Franz Kafka: "Das Schloss", Roman in der Fassung der Handschrift, Frankfurt am Main, 1994).

Montag, 24. Juli 2017

Montag/Always Felice/Viele Küsse/Und Kafka

14h41
Schatz, weißt du eigentlich, dass wir uns voriges Jahr kennen gelernt haben? Kuss, ILD.

14h50
Ist mir eingefallen, weil der Hund v Winnie GB hat :-) Ich hab noch bis 16 Uhr Th(erapie), dann lern ich noch u denk imma an dich, Kuss, Kuss, Kuss.

15h10
Nein, weiß ich nicht, Geistesschwäche ließ mich das vergessen, klar, weiß ich das, meinst du aber, dass heute der Jahrestag unseres ersten Kontakts sei, dann magst du Recht haben, das wusste ich nicht so genau, habe aber vor deiner Sims grade an dich gedacht, mit eisenhartem Rohr, und über die Postlaufzeiten, unser Gespräch, und am Samstag sagte ich noch einer Arbeitskollegin, dass ich mit meiner Freundin seit ungefähr dem 3. Juni zusammen sei, Kuss, ild. Erwiderung auf deine erste Sims, die auf die zweite folgt sogleich, Kuss, Kuss, Kuss, ich liebe dich, nö, grade aufgewacht bin, aus einem Traum, Mischung aus dem Prozess von Kafka, les ich gerade, und dass ich an einem Panzer rum fummelte, englische Soldiers kamen, dann redete ich gut mit denen und dass du wohl das Handy deiner Ma nicht bekommen hast, Kuss, Blut spenden war ich auch nicht, nur bis 14h30 heute, zu viel Stress, Kuss, ich liebe dich, gehe gleich einkaufen, denk an dich.

Millionseller/Der Prozess/Mysterium der Fragmente/Im Dom/Zeitverwirrung/Malcolm Pasley/Das letzte Jahr im Leben von Josef K.

"Im Dom"
Auch nach dem "Dom"-Kapitel hätte "Der Prozess" bedenkenlos beendet werden können (dann als Roman): "'Ich gehöre also zum Gericht', sagte der Geistliche. 'Warum sollte ich also etwas von dir wollen? Das Gericht will nichts von dir. Es nimmt dich auf wenn du kommst und es entlässt dich wenn du gehst.'" A.a.O., S. 235.
Die Handlung ist logisch, stringent aufeinander folgend, kein Fehler fiel mir auf, nur das Kapitel "Kaufmann Block/Kündigung des Advokaten", Seiten 175 - 208, ist unvollendet, die Kündigung wurde da noch nicht ausgesprochen und dass Josef K. weiterhin Kontakte zu Leni aufrecht erhalten wollte, das fehlt; dann wäre der Anschluss an das Dom-Kapitel gewahrt; im Roman selbst folgt dann noch das "Ende", ohne Artikel, das anfänglich gedachte Ende, sage ich, denn Kafka blickte echt nicht, dass es dann mehrere andere Enden gab, zumindest potenziell die von mir aufgeführten, und nicht nur die Türhüterlegende "Vor dem Gesetz" raus zu schreiben gewesen wäre. Und dennoch ist unwahrscheinlich, auch bei Publikation des Romans (in welcher Fassung auch immer), dass Kafka da vom Schreiben hätte leben können, seine Romane zu Lebzeiten Millionenauflagen erreicht hätten, wie nach seinem Tode.
Als er die Zeitfreiheit nach der Pensionierung hatte, da schrieb er großartig, nur die Krankheit hinderte ihn; so weit war seine Analyse also richtig.
Und ich leide am Qualm auf der Arbeit, bin deshalb so nach den Schichten kaputt, nicht etwa weil ich so selten arbeite, das deshalb nicht verkraften könne.

Eigene Zeit
Es ist zwar richtig, dass die Uhrzeiten bei einer Handschriftausgabe die beinhalten muss, die Kafka schrieb (und nicht etwa die Brod mehr gefallen haben), dennoch unterliegen die Uhrzeitangaben Kafkas "Im Dom" seinem Fehler, wenn Josef K. um 11 am Dom eintraf (Seite 216), dann war es nur folgerichtig, dass der Italiener nicht mehr da war, mit dem er sich um 10 dort treffen sollte (Seite 213), dann kann es aber bei einem erneuten Blick auf die Uhr nicht wieder 11 sein (Seite 220), als der Gefängnisgeistliche ihn dort anspricht, nachdem Josef K. eine halbe Stunde oder so in der Kirche rum lungerte (gewartet hat). Nach dem Gespräch hätte es elf sein können, dann fürwahr wäre es seine persönliche Zeit gewesen, das heißt eher die Nullzeit der Gerichtsebene.
Und in den vollendeten Kapiteln, ja dem vollendeten Roman ist Josef eigentlich nie kaputt (nur in den Kanzleien ist ihm mal schwindelig, er "Im Dom" verkühlt, durch Reisen, die er machen musste), Herr K. (etwas Brecht-Schleimerei, da Keuner).
Und meiner Meinung nach sind in der Kafkaschen Handschrift die Zahlen (Uhrzeiten) als Ziffern und nicht als Zahlwörter ausgeschrieben worden, wie eben bei mir, das wäre dann ein Eingriff in die Originalhandschrift gewesen (ich habe im letzten, vorletzten Monat die Fotokopien der Handschrift gelesen), der vielleicht auch in dem Apparateband zur Kritischen Ausgabe aufgeführt ist?!
Und definitiv sicher bin ich mir dessen nicht, ich weiß nur, dass mir die logischen Zeitunstimmigkeiten in 2 Fällen aufgefallen sind.
Ich weiß echt nicht mehr, wie die Brodsche Version aussah, und ich las den Roman da ja vom Anfang zum Ende, ohne das zu kennen, was da passieren würde, deshalb die Spannung jenseits von Literaturkritik, aber jedenfalls wollte ich dann die Fragmente erstmals in die Handlung einordnen, was aber nicht sein musste, da die meisten Sackgassen von Kafka waren und deshalb ja nicht in den Roman eingefügt; das erste, so genannte Fragment ist ein beendetes Kapitel, das nach dem 2. hätte eingefügt werden können, dann aber Fräulein Bürstner eine Bedeutung beimessen würde, die sie in diesem Romane nicht verdient hätte: Nebenschauplatz.
Das Fragment "Staatsanwalt" ist schon eher unvollendet, aber eine vollständige Sackgasse, denn wenn K. solch ein gutes Verhältnis zu dem Hasterer hätte, dann wäre es ja geradezu absurd einen (Winkel-) Advokaten wie Herrn Huld zu Rate zu ziehen, auch wenn K.'s Onkel dieser Meinung war (aber auch deshalb war ja die Kündigung dann erst recht notwendig), und auch obwohl der Hasterer Staatsanwalt und nicht Verteidiger war.
Das Mysterium der Fragmente macht den Roman für mich aus heutiger Sicht interessanter als das andere, er selbst (was wiederum ein bedeutender Fingerzeig für Max Brods herausragende Public Relations-Fertigkeiten wäre, das Vermarktungsgeschick): Immer kommt es mir in den Sinn, dass Kafka 70 Jahre nach seinem Tode ja "nur" knappe 1 Prozent des Gesamtumsatzes des Fischerverlages ausmachte.
Die Quote ist natürlich eingebrochen, da die Werke danach frei wurden, der Gesamtumsatz in Deutschland ist aber möglicherweise sogar noch gestiegen, durch mich, die KKA, Kafkas Kritische Ausgabe, die historisch-kritische Ausgabe (HKA) vom Stroemfeld/Roter Stern-Verlag, dessen Ausgabe auf 40 Bände angelegt ist, die "Proceß"-Handschrift-Xerokopie plus CD-ROM und Parallel-Textdruck der Handschrift kostet schlappe 199,- Euro.
Das "Ende" fand ich jetzt beim zweiten Lesen auch etwas artifiziell, da die Vollstrecker wie Schauspieler ("An welchem Theater spielen Sie?" Seite 236), Tenöre, anhand ihres Doppelkinns (Seite 237) oder Krankenwärter wirkten: Kunst (bis auf die Krankenwärter) und Religion (höheres Gericht): Ich bin nicht krank, ich kann schreiben (Gott giebt es nicht; Eklektizismus von mir, obwohl ich sprachlich heute eher Felice drauf hatte als Franz).

Es gibt in dem Roman nur zwei Fragmente
Im Textkorpus oder vielleicht besser Romankörper: "Kaufmann Block/Kündigung des Advokaten" (Seiten 175 - 208) und das so genannte Fragment "Kampf mit dem Direktor-Stellvertreter" (Seiten 263 - 267), das durch ein Wort beendet werden konnte, könnte: "...'Schlechtes Holz', sagte der Direktor-Stellvertreter ärgerlich, ließ vom Schreibtisch ab und setzte" (a.a.O., S. 267) sich.
Das würde als Dokument der Ungleichstellung vom Prokuristen (Josef K.) und dem Direktor-Stellvertreter ausreichen, obwohl K. sich anfänglich stark fühlte, ihm Paroli zu bieten. Aber auch dann wäre die ganze Angelegenheit redundant, überflüssig, eine Sackgasse zwar nicht, aber sinnfällig erst bei weiterer Ausführung, einer Fortführung des Prozesses ins Unendliche (wie beim Verschollenen erwogen): "Das letzte Jahr im Leben des Josef K."
So könnte man das erstgenannte Kapitel dann durchaus als beendet ansehen, wenn danach die Formulierung der Kündigung im Folgekapitel ausgeführt würde (analog zu sehen zum Kapitel "Fahrt nach Ramses" im "Verschollenen", denn die Stadt wird auch erst im "Hotel Occidental" benannt). Aber dann wäre der Roman ja tatsächlich unbeendet, während ein Satz genügen würde, um die Logik aufrecht zu erhalten: "'Block', sagte Leni in warnendem Ton und zog ihn am Rockkragen ein wenig in die Höhe. 'Lass jetzt das Fell und höre dem Advokaten zu.'" A.a.O., S. 208: Josef K. hatte jetzt genug gehört, er wusste dass die weitern Ausführungen des Advokaten nur Verschleierung waren, er schrie aus: "Ich entziehe Ihnen mein Mandat!" Und er stürzte zur Tür, Leni folgte ihm; der Advokat schrie ihr hinterher, aber sie begleitete Josef zur Tür, der doch noch sagte, dass sie sich bei ihm melden dürfe, bevor er noch einen flüchtigen Kuss von ihr erhielt und nach Hause eilte.
Es war für Kafka nicht leicht in all den Handschriften durch zu steigen, den verschiedenen Manuskriptteilen, das ist bei gedruckten Werken schon nicht so leicht, nur bei Texten, die man digital schriftlich zur Verfügung hat, wo man einzelne Worte dann per Textprogramm suchen lassen kann. Das macht das leichter.
Brod soll den Roman in der Erstausgabe unfragmentarisch raus gegeben haben, in der Variante, die ich las, waren sogar, so glaube ich, die durchgestrichenen Passagen enthalten.
Zum Nachwort von Malcolm Pasley möchte ich nur bemerken, dass es was die "Elf" anbelangt Konfuzius ist, er ahnungslos, obwohl Malcolm wohl einen großen Namen in dem Metier hat (hatte?): Mitherausgeber der Kritischen Kafka Ausgabe im Fischer Verlag war er wohl, zumindest einiger Bände. Tja, wenn man nicht Deutsch kann: "'K. war pünktlich gekommen, gerade bei seinem Eintritt hatte es elf geschlagen, der Italiener war aber noch nicht hier.' (S. 216) An dieser Stelle hat Brod die 11 - offenbar wiederum in der Annahme dass sich der Autor verschrieben hat - zu einer 10 geändert. Dabei ist jedoch jener unheimliche 'Zeitrutsch' verkannt worden, der sowohl in diesem Kapitel wie auch schon im Kapitel 'Erste Untersuchung' den Übergang aus der öffentlichen Sphäre in eine private Sphäre andeutet. Nach Josef K.'s 'privater Zeitmessung' ist es allerdings zehn: erst nachdem er eine Stunde im Dom verbracht hat, zeigt seine eigene Uhr (wie uns der Erzähler sorgfältig mitteilt) auf elf." Vielleicht hat er sich auch beim Glockenschlag geirrt, verhört, verzählt, oder der Glöckner?
Unsinn, in der realen Zeit wäre es 10, nicht in Josef K.'s, da elf-elf-elf: Und warum hat ihn das nicht verwirrt? Hej, meine Uhr ist stehen geblieben, that's it! Oder den Erzähler?
Das ist aber eine Kritik an der Brodschen Fassung des letzten Kapitels, die Pasley vorbringt, nicht an der Kafkaschen Handschrift.
Pasley bringt auch noch andere Beispiele der Zeitmetapher, z.B. dass in "Gibs auf!" die Turmuhr schon viel später anzeigte, als der zum Bahnhof eilende Akteur glaubte, aber den Glaubensaspekt wischt Pasley beiseite: "Ein Kommentar" (Franz Kafka: "Das Ehepaar und andere Schriften aus dem Nachlass", Frankfurt am Main 1994, Seite 130).
Gute Kafka-Zitate, aber nicht gute Stützen für Pasleys These: a.a.O., S. 284 f.

Anthony Northey
"Kafkas Mischpoche", kuhles Wort, stammt das nicht von dem?
Wenn die Namen so gehn, ja.