Montag, 17. Juli 2017

Eine Intrige/Senatoronkel/Schwängerung/Jiu-Jitsu/Karl Rossmann/Amerika: Der Verschollene

"Der Verschollene" in der Fassung der Handschrift
Franz Kafkas "Amerika": Die Titelgebung wird auch immer obskurer, auf dem Cover steht "FRANZ KAFKA Der Verschollene (Amerika) Roman Originalfassung", auf der Innenseite "Franz Kafka Der Verschollene Roman in der Fassung der Handschrift", Fischer Taschenbuch Verlag, FfM (Frankfurt am Main), 1994.
Der Held Karl Roßmann wird im dritten Kapitel "Ein Landhaus bei New York", Seite 62 ff von seinem Onkel verstoßen, da er eine Einladung von Herrn Pollunder annimmt, diesen zu besuchen. An und für sich wäre das nicht schlimm, da Karl von diesem Senatoronkel glücklicherweise aufgegabelt wurde, bei seiner Ankunft in New York, anstatt so schon das Schicksal eines armen Auswanderers ertragen zu müssen, sich in der Fremde alleine rum zu schlagen (er schwängerte in Deutschland mit 16 ein Dienstmädchen im Haushalte der Eltern, die ihn dann nach Amerika hin delegierten, um von irgendwelchen Zahlungen für das Kind entpflichtet zu werden, Alimente, so einfach ging das also; in Wahrheit hat diese Frau ihn abgefickt, ihn zu sich aufs Zimmer und dann das Polster beinahe getragen, ohne dass er wusste, was ihm geschah, dann seinen Onkel benachrichtigte, so dass er da also gut aufgenommen wurde).
Erschien der Onkel im ersten Kapitel freundlich, im zweiten reserviert, so wurde er doch im dritten ein Arsch, unnahbar, und nur weil Karl, der sozusagen eingesperrt im Hause des Onkels gelehrt wurde (nur zum Reitunterricht verließ er das Haus mit dem Automobil), der Abholung Herrn Pollunders zustimmte, verstieß der Onkel ihn nun endgültig, da er um Mitternacht nicht zu Hause sei; aber wie das geschildert wurde, war unlogisch: Herr Pollunder holt Karl ab, er machte extra eher in seinem Büro als Bankier Schluss, an dem Tage, sie fahren zu seiner Villa, wo Herr Green schon da ist, der Geschäftliches mit Herrn Pollunder zu besprechen habe; Karl fühlt sich unwohl in diesem Schlosse, weil nur im Speisezimmer das elektrische Licht schon installiert wurde und all die anderen mehr oder weniger im Dunkeln liegen und er auch von der Tochter bedrängt wird, zu ihr ins Zimmer zu kommen, nachdem sie ihn per Jiu-Jitsu-Ringen besiegt hat, in seinem ihm zugewiesenen Schlafzimmer, wobei er fast noch aus dem Fenster gestürzt wäre. Karl wollte zurückkehren, zu seinem Onkel, und wenn zu Fuß, verirrte sich in der Dunkelheit (auch ein Verirrungsroman, wie "Das Schloss"), wurde aber von Green instruiert, dass er um Mitternacht eine Nachricht erhalten werde, sich solange bei der Tochter des Hauses aufhalten solle, deren Verlobter dann noch auftauchte, ein Herr Mack, der Reitlehrer Karls, eine Intrige? Jedenfalls schlug die Uhr Mitternacht, Karl nahm den Brief seinen Onkels in Empfang, auf dessen Umschlag stand: "An Karl Roßmann. Um Mitternacht persönlich abzugeben, wo immer er angetroffen wird." (a.a O., S. 96).
Wie sollte es Green geschafft haben, vor dem eher fahrenden Herrn Pollunder bei jenem vor zu fahren, insbesondere da er noch in dessen Büro nach ihm nachfragte, weswegen, wenn er doch hätte wissen müssen, dass der mit Karl zu sich nach Hause unterwegs war, denn er musste ja den Brief von Karls Onkel ausgehändigt bekommen haben, der den schreiben, Herr Green informieren, den zu sich bitten oder zu ihm fahren musste und dann war Herr Green vor Karl Roßmann im Landhaus, die Tochter Herrn Pollunders, Klara, sagte sogar, er warte schon, aber kurz; ja, Herrn Pollunders Gefährt fuhr ein paar Umwege, um Streiks auf der Hauptstraße aus dem Wege zu gehen (von der Polizei dahin gewiesen), aber er kannte die Schleichwege respektive der Fahrer; Karl ermüdete auf der Reise, wusste dann auch nicht mehr in welcher Richtung New York lag, als er Herrn Pollunders Villa verließ, so dass er gen Ramses aufbrach, was er erst später erfuhr.
Diese Überholung wäre nicht möglich, außer es handelte sich um eine Intrige der beiden Herren gegen Karl und auch den Senator, die, da sie ihn kannten, wussten dass der keinen Widerspruch duldete, nicht den kleinsten, von seinen Untergebenen bzw. dem hier fast an Sohnes Statt angenommenen Neffen, aus Prinzip, vielleicht widersprach das ihren Geschäftsinteressen, einer Übernahme des Imperiums des Onkels, nachdem der verstarb oder sich aus Altersgründen aus dem Geschäft hätte zurückziehen müssen, war nicht Herr Mack eventuell als Geschäftsführer schon vorgesehen gewesen oder gar Herr Green, den Karl erst am Abend vorher kennen lernte, genauso wie Pollunder, der den sofort zu einem Besuch drängte, wo drauf der Onkel reserviert reagierte, dann tauchte P. nochmals am nächsten Tage auf: "Siehe, Senator, so schändlich ist Ihr Neffe!" Und wäre das dann nicht eine andere Geschichte, auch wenn sie unvollendet ist?
Karl meinte noch, Seite 100, dass Herr Green ihn hinderte, am letzten Termin um Mitternacht beim Onkel zu erscheinen: "'... Besagt nicht die Überschrift ganz deutlich, dass die Mitternacht für mich noch der letzte Termin sein soll? Und Sie sind es, der die Schuld trägt, dass ich ihn versäumt habe.'" Und es schien Karl, als wenn Herr Green sich schämte, dass Karl ihn entlarvte.
Jedenfalls war der Weg zu des Onkels Haus auf jeden Fall zu weit, als dass Karl da noch vor Mitternacht hätte erscheinen können, auch mit der Stadtbahn nicht.

Zu lange geschlafen
Siebeneinhalb Stunden, hing auch damit zusammen, dass ich mich nicht richtig traute, die "Verschollenen"-Kritik zu beginnen, solch langer Text, solch langer Text!

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