Die
Frau lockt
Lockte
Kafka als sexuelles Lustobjekt, um ihn vom Schreiben abzulenken; es
handelte sich nicht um "geradezu Kastrationsängste des
Dichters", da hat Klaus Mladek einigermaßen was missverstanden
in seiner "Strafkolonie"-Kritik: "'Ein eigentümlicher
Apparat'", in dem Text + Kritik-Sonderband VII/94 "Franz
Kafka", herausgegeben von Heinz Ludwig Arnold (HLA), München
1994, Seite 120, wenn dann um die Kastration des Schreibens, aber
Mladek bemerkte die Damen im Hintergrund in der Erzählung, "die
falschen Einflüsterer" (ebenda), ich würde sagen
Einflüsterinnen (vgl. "Ein Landarzt und andere Drucke zu
Lebzeiten", nach der Kritischen Ausgabe, hg. von Hans-Gerd Koch,
Frankfurt/Main 1994, Seite 182; respektive "In der
Strafkolonie", in: "Sämtliche Erzählungen",
herausgegeben von Paul Raabe, Frankfurt/Main 1990, da Seite 114,
Mladek bezieht sich darauf).
Er
hat es wohl nur halb missverstanden!
"In
der Strafkolonie" hat Mladek aber sorgfältig gelesen, das muss
man schon sagen, auch wenn die Frage ist, ob das konkret so was
bringt, auch mir, dass der Todesmaschinenbediener den letzten
Todgeweihten vor einer Stunde dazu verurteilte (Mladek schreibt
"Morgen", HLA, Seite 122), und sich danach beklagt, dass
die Frauen, wieder die Weibers, den zu Tode Verurteilten doch Nahrung
zuführen würden, in den letzten 24 Stunden, obwohl er das untersagt
hätte, und so kotzt der Letzte die Maschine voll, da der Knebel
schon von Hunderten von Hingerichteten in den Mund genommen wurde;
der Letzte beging die schlimme Tat, dass er seinem Herrn, einem
Hauptmann, nicht alle Stunde salutierte (als der Hauptmann ihm dafür
eins mit der Peitsche überzog, da bedrohte der den mit Auffressen;
"Ungehorsam und Beleidigung des Vorgesetzten", S. 161).
"Absurdes Theater!" Würde ich sagen, und dann war der
Täter auch noch "mager" (S. 174), wie Kafka, das übersah
Mladek.
Die
Taschentücher hätte der Verurteilte von den Damen bekommen, wann
denn, um Gottes Willen, alles in einer Stunde (S. 189)?
Die
Dichte der Geschichte, der Ereignisse erzeugen (beinahe) zeitliche
Paradoxien und ich glaube auch nicht, dass Kafka das verstanden,
beabsichtigt hatte, aber die Ausführungen sind so in der Schwebe,
dass es nicht zwangsläufig nicht so sein könnte, dass alles in der
kurzen Zeit geschah: Anklage, Urteil, Taschentücher-Beigaben.
Kein
Essen für diesen Verurteilten, aber es ging allgemein darum (S.
176), auch wenn von "dem Mann" die Rede ist, aber sind
nicht alle Verurteilten Männer gewesen?
Der
Offizier vollzieht an sich das Urteil, wozu Josef K. im "Prozess"
noch nicht bereit ist: "'Du bist frei', sagte der Offizier...
Zum ersten Mal bekam das Gesicht des Verurteilten wirkliches Leben.
War es Wahrheit? War es nur eine Laune des Offiziers, die vorüber
gehen konnte? Hatte der fremde Reisende ihm Gnade erwirkt? Was war
es?" (S. 187)
Eine
klare Parallele zum Ende des Prozesses, der gleichzeitig entstand,
Josef K.: "Seine Blicke fielen auf das letzte Stockwerk des an
den Steinbruch angrenzenden Hauses. Wie ein Licht aufzuckt, so fuhren
die Fensterflügel eines Fensters dort auseinander, ein Mensch
schwach und dünn in der Ferne und Höhe beugte sich mit einem Ruck
weit vor und streckte die Arme noch weiter aus. Wer war es? Ein
Freund? Ein guter Mensch? Einer der teilnahm? Einer der helfen
wollte? War es ein einzelner? Waren es alle? War noch Hilfe?"
Franz Kafka, "Der Proceß" in der Fassung der Handschrift,
herausgegeben von H.-G. Koch, FfM 1994, Seite 241.
Absurdes
Theater gabs damals noch nicht
Kafka
hätte "Komödie!" geschrien, wie Georg Bendemann im
"Urteil".
Mladek
versteht wenig, denn bei seiner Zeitkonfusion übersieht er, dass die
Damen den Schuldigen vor der Abführung mit Zuckersachen voll
stopften, nicht irgendwann in den letzten 24 Stunden, wie der meint
(HLA 122).
Die
Zitate von Mladek entsprechen nicht dem Text von Kafka, das muss ganz
klar gesagt werden. Ich habe auf Seiten Kafkas weder einen logischen
Fehler noch eine Zeitverwirrung festgestellt, es ist nun einmal eine
rasante Foltergeschichte; "peinlich", aber war der 1.
Weltkrieg nicht viel peinlicher oder der 2., später, der
Religionskrieg, der jetzt stattfindet: Islamismus versus USA.
Eigentlich
ist schade, dass sich der Herausgeber nicht die Mühe gab, die Zitate
Mladeks nachzuprüfen, denn sowas sollte ja schon bei einer
Universitäts-Klausur, -Hausarbeit der Fall sein.
Das
Rauschen im Telefonhörer
Das
konnte zu Kafkas Zeiten noch mehr klar sein, als heutzutage, und
trotzdem geschieht es im Roman Zweck gerichtet, auch als Ironie
gegenüber der Technik möglich. Und auch dass Kafka so lange bei
seinen Eltern lebte, so ungewöhnlich ist das nicht, erst bei Heirat
zieht man aus, manchmal noch nicht einmal dann, ist z.B. auch
heutzutage noch in Polen, Russland oftmals der Fall; da muss man
nicht den akademischen Mittelstand der Heutzeit dagegen setzen.
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