Montag, 17. Juli 2017

Amerika, mon Amour/"Der Verschollene"/Weit im Westen/Marsch nach Ramses/Hotel Occidental/Der Heizer/Über „Amerika“/Angst

Der Verschollene (Amerika), Franz Kafka: "Gesammelte Werke in zwölf Bänden", nach der Kritischen Ausgabe herausgeben von Hans-Gerd Koch, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1994.

Wagenbachs "Kafka"
Die Angst spielte bei dem Klaus in Bezug auf Franz die größte Rolle, die ich aber in keiner der Schriften je sah, jetzt das komplette Werk bis auf die Romane und Briefe gelesen, die Romane nur noch nicht das zweite Mal.

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Karl sagte zu Green, dass auf dem Umschlage steht, "zu übergeben nach Mitternacht", (a.a.O., S. 99), was so nicht stimmt, um Mitternacht. Dann erhält er noch seinen Koffer ausgehändigt, den der Schiffsmaschinist Schubal, ein verdächtiger Rumäne, dem Onkel zuspielte.
All diese Leute lernten sich im ersten Kapitel "Der Heizer" kennen.
Und dann noch eine Fahrkarte dritter Klasse nach Frisco, gen "Osten", wo die Chancen Karls besser seien, da er ja wohl keinen zweiten Onkel in Amerika mehr hätte (Seite 98).
Ein Irrtum Kafkas, Frisco liegt weit im Westen von New York.
Obwohl die Ringkämpfe Karls mit Klara nur ausnahmsweise einen erotischen Touch hatten, so habe ich diese Klara doch positiv in Erinnerung, als ob Karl eine Beziehung mit ihr anfangen müsse, nach anfänglichen Schwierigkeiten und obwohl sie so sportiv war, und erregt hat sie ihn wohl auch etwas, dann.

Amerika, mon Amour
Es ist ja fast immer so, dass ich 7 Stunden 30 Minuten Schlafs als zu viel erachte, aber meistens erst danach, wenn ich aktiv wurde, dass ich was verpasste, "so war es auch hier". Worte wie von Kafka, dass er etwas nicht auf den ersten Schlag fertig bringe.
Der Shorty-Titel ist Hohn und erst nachträglich eingefügt, kam mir so aber in den Sinn, da das Wetter mies ist, kalt und leichter Regen, in Liechtenstein gießt es den ganzen Tag in Strömen, wo Felice im Sanatorium ist und obwohl sie mich bei dem 12-minütigen Telefonat erregt hat, angetörnt ohne Gleichen, war das Gespräch doch beinahe leer, bei ihr passiert ja eigentlich noch weniger als bei mir, und um Sex ging es wahrlich nicht.
Trotzdem, ich weiß nicht, ob ich das schon geschrieben habe, langweilte ich mich mit ihr noch nicht einmal 2 Sekunden, insgesamt, hatte ich Verliebtheitsschübe, bevor ich sie sprach, als ich all die Simse schrieb, die ich abschickte und auch nicht, so dass sie mir dann den Vorwurf machte, dass ich ihr einen mache: Sie werde ja von so vielen angerufen.
Eine konkrete "Verschollenen"-Kritik las ich noch nicht.

"Der Onkel"
Er bricht tatsächlich vor Karl zu Herrn Green auf, und da Karl auch bei der Reitschule absagen wollte, hätte der Onkel ihn potenziell doch überholen können, aber den Weg machte Karl nicht, und warum sollte dann Herr Green zu Herrn Pollunder fahren? Also log er.
Mak (Mack) wurde als verwöhnter Millionärssohn eingeführt, der aber immerhin einem Burschen Reitunterricht erteilte und die Villa des Herrn Pollunder gestaltete, wenn es nicht die vielen Streiks gegeben hätte, von Metall- und Bauarbeitern (als ob Streiks das Amerika Kennzeichnende wären, in des Autors Augen, der darüber mal einen Vortrag in Prag hörte, dass die Arbeiter da ja eigentlich keine Rechte hätten).
Alle erzählen viel, die Wahrheit oder Offenheit spielt keine große Rolle dabei.
In der Szene mit Klara schien es so, als ob Karl nicht wüsste, wie eine Schwängerung geschah, auch wenn er sie schon selbst vollbrachte.

"Der Heizer"
Karl war 17, als er in New York ankam, wo "die Statue der Freiheitsgöttin" ihren "Arm mit dem Schwert" empor reckte, zwar ist es eine Fackel, Leuchte, die die in Händen hält, aber egal, Geschenk der Franzosen an die freie Welt (die von den Briten befreiten Amerikaner).
Johanna Brummer hieß die Verführerin, 35. Und Karl fühlte als ob sie eins seien, das stieß ihn ab und er empfand auch nichts für sie, wollte es ihr aber vergelten, dass sie den Onkel informierte, dass er mit einem Schiff der Hamburg Amerika Linie in New York ankommen würde, der ihn dann da abpasste, als Karl dem Schiffsheizer zu seinem Rechte an Bord des Schiffes verhelfen wollte, und auch Franz Butterbaum, dem Karl seinen Koffer anvertraute, als er nach seinem vergessenen Regenschirm suchte, zockte ihn nicht ab (so lernte Karl ja erst den Heizer kennen).

"IV Der Marsch nach Ramses"
Butterford, Ramses, die Städte gibt es nicht, dann gibt es natürlich keine "Brücke, die New York mit Boston verbindet" (a.a.O., S. 113), Städte, die 250 km voneinander entfernt sind, obwohl "mit" was anderes heißt als und, aber selbstverständlich könnte man beide Orte nicht auch von noch so großer Höhe überblicken (heutzutage vielleicht mit nem Passagierjet).
Die Orte hätte ja Kafka bei einer Bearbeitung auswechseln können, z.B. nur eine Brücke über den Hudson, den panoramatischen Blick auf den New Yorker Hafen, den konnte es aber von außerhalb der Stadt einfach nicht geben, New York ist nicht Prag, mit seinen damals 450 000 Einwohnern, ist natürlich trotzdem die Frage, wie viele Einwohner New York Anfang des 20. Jahrhunderts hatte, als größte Hafenstadt der Welt?
Wieso heißt das Kapitel so, die drei Kameraden, die sich fanden: Robinson, Delamarche und Roßmann waren auf dem Wege nach Butterford?

"Hotel occidental"
Der deutsche Hamburger kommt aus Prag in Böhmen (das gesteht Karl der Oberköchin des Hotels ein, die aus Wien stammt, aber mal am Wenzelsplatz kellnerte, also mal fast eine Nachbarin von ihm war, S. 134): Nur weil Karls Vater ihn noch in Hamburg zuletzt beschworen hat, seinen Eltern zu schreiben und Karl sich bereits schwor, das niemals zu tun, als seine Mutter ihm "die Amerika-Reise angekündigt hatte", kann man nicht hundertprozentig davon ausgehen, dass er aus Hamburg stammt (alles Seite 106), sein Vater (oder auch die Eltern) konnte ihn zum Schiff begleitet haben, aber das wäre ja auch nicht so selbstverständlich, bei den armen Eltern, denn eine Reise von Prag nach Hamburg und zurück würde wohl beinahe das gleiche kosten wie die Reise nach Amerika.
Die inneren Abenteuer, insbesondere die wörtlichen Reden sind great, die äußere Form, die Sorgfalt dabei, lässt sehr zu wünschen übrig, wenn Kafka die ersten sechs Kapitel doch direkt hintereinander geschrieben haben soll. Und woher kommt die Mär, dass Kafka wirklich eigene Stücke verbrannt haben soll?
Und warum muss Karl andauernd auf Deutsche treffen, wo doch sein Englisch nicht so schlecht war, wie sein Onkel bemerkte, aber natürlich nicht in 2 Monaten hätte so erlernt werden können, subjektiv dachte ich auch an eine Zeitspanne von nem halben bis zu einem Jahr (Kapitel 2).

Tja, ja, so wird man jünger
Auf Seite 9 ist Karl Roßmann 17, auf Seite 136 wird er im "nächsten Monat sechzehn".
Was Literatur nicht alles möglich machen kann.
Im Erzählband "Ein Landarzt und andere Drucke zu Lebzeiten", wo "Der Heizer Ein Fragment" (S. 53 - 89) abgedruckt ist, da war Karl Roßmann am Anfang auch 16 (S. 55), wie auch in der "Amerika"-Version herausgegeben von Max Brod, aber dann feiert er seinen 16. doch erst im Hotel Occidental, zumindest hat er es vor (S. 5, 99).
Franz Kafka: Gesammelte Werke in zwölf Bänden Nach der Kritischen Ausgabe herausgegeben von Hans-Gerd Koch: 1 Ein Landarzt und andere Drucke zu Lebzeiten, Frankfurt am Main 1994.
Franz Kafka: "Amerika", Frankfurt am Main o. J. (1956), Originalausgabe (Brodsche Ausgabe, ist aber im Taschenbuch nicht explizit benannt, das).
Und ich wunderte mich, wieso Klaus Wagenbach drauf kam, dass Karl Roßmann 16 sei (ich hatte nur die 17er Variante im Kopfe).
Das Hotel liegt bei dem Ort Ramses, einem großen Orte, das erfährt man in dem Kapitel, sprachgewaltig, ja.

Der Oberportier des Hotel Occidental
Er ist echt ein Tyrann und Sadist und Karls Job da als Liftboy echt schwer, 12 Stundenschichten, gemeinsames Schlafzimmer, erinnert mich aber durchaus an meine dahin gehenden Dubliner Ambitionen, fast wäre es soweit gewesen, 60 Stundenwoche, 50 €, Scherz, was weiß ich. Ob Karl entlohnt wurde, oder ob er nur vom Trinkgeld lebte, geht nicht klar hervor; Therese war bestimmt in ihn verliebt, aber das zeigte sie nicht so klar, es ist auch ein guter Roman des aneinander vorbei Redens, dass es eigentlich keine Richterinstanz gibt, die die verschiedenen Auffassungen beurteilt, auch der Erzähler nicht, da er so gut wie nie vor tritt.
Und im Gastgewerbe kannte sich Kafka seltsamerweise sehr gut aus, seine Schilderungen der Tätigkeiten, aber auch die Personen sind für mich gut nach zu vollziehen und überzeugend, auch die Bedienerinnen im "Prozess" und "Schloss" habe ich so in Erinnerung.
Sicherlich ist die Nähe zur sexuellen Freizügigkeit da bei vielen Fräuleins gegeben (gewesen), aber sie da gleich in die Nähe der Prostitution zu stellen, ist zu weit her geholt (eine bei Wagenbach geäußerte Kritik, auch dass der Erzähler nicht direkt hervor tritt; nicht immer dann auf seinen Mist gewachsen): "Der Fall Robinson". Aber eigentlich fällt ja Karl Roßmann.
Über alles hinweg fließt der unendliche Verkehr und eine unheimliche Gigantomanie, des Hotels, der Menschen, der Autos.

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