Nach
Franz Kafka
Georg
Bendemann musste aus Wien stammen, denn St. Petersburg, wohin es
seinen Freund verschlagen hatte, war weit weg, dann zog es ihn zum
Wasser hin, auf eine Brücke über den Fluss Wien, wo er das Urteil
seines Vaters an sich vollstrecken wollte, der nach dem Ausspruch auf
seine Polster darnieder sank in seiner schmutzigen Leibwäsche und zu
Tode kam, als seine Begeherin schon zu ihm eilte: zu spät, zu spät!
Als
ehemals geübter Turner, nun erfolgreicher Geschäftsmann, schwang
Georg sich über das Geländer der Brücke, die nah an seinem Hause
lag; seine Hände klammerten sich fest, noch gab er dem Abgrund nicht
nach, ein Bus donnerte über die Brücke, den Georg noch sah, dann
verließen ihn die Kräfte, er stürzte hinab: Der Verkehr rollte wie
in einem unendlichen Fluss aus Geräuschen in die Ewigkeit hinauf,
als er auf den Flussboden knallte; er hatte sich ein Bein gebrochen,
verfluchte sein Missgeschick, aber der Fluss war nun mal nicht tief,
begradigt, das hätte er wissen müssen; er schrie um Hilfe, jemand
kam zu seiner Rettung, die Verletzung war nicht so gefährlich, so
dass seine Verlobung noch rechtzeitig statt finden konnte, ohne den
Freund aus Russland, der da an einer Lungeninfektion verstarb.
Und
so lebte Georg glücklich bis ans Ende seiner Tage mit der ehemaligen
Frau Brandenfeld, nun Bendemann, die für ihn die Röcke hob und auch
so Glück bereitete, da sie beim Tode ihrer Eltern als Einzelkind
eine Menge erbte und auch schon die Aussteuer war beträchtlich, so
dass Georg sein Geschäft weiter ausbauen konnte, ja sogar seinem
Freunde eine Position als Geschäftsführer hätte anbieten können,
wenn der noch lebte.
Manchmal
liegt halt das Unglück in der Ferne, manchmal so nah.
Auch
Georgs Vater hatte noch ein kleines Vermögen in seinen Polstern
versteckt gehabt, die er vor Georg verheimlichte, als er die
Geschäfte seinem Sohn übergab, nach dem Tode seiner Frau; so stellt
sich schon die Frage, ob Georg nur seinen Vater hinterging und seinen
erfolglosen Freund, der ja nicht in die Ferne hätte ziehen müssen,
sondern auch seine Familie ihn, und hätte der Freund aus der Ferne
nicht Georg um Hilfe bitten können?
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