Dienstag, 29. November 2016

Brods "Der Prozess"/George Orwell/Neue Ordnung/Franz Kafka

Zu lesen
Den "Prozess" beendet...
Inhaltlich 4 (als Note), Spannung und Flüssigkeit 2 +, mit drei Nachworten von Max Brod versehen; 328 Seiten, erschienen im S. Fischer Verlag, FfM 1965; Roman mit Anfang und Ende, ca. 10 Kapitel fehlen.

"Der Prozess"
Kafka hat wie eine Sucht von mir Besitz ergriffen, jetzt lese ich schon das dritte Kafka-Buch in 4 Tagen.
Sogar "Der Prozess" hat mich von der ersten bis zur letzten Seite, mit Ausnahme der Seiten 81 bis 92, Ende des 3. Kapitels der 3. Ausgabe der Gesammelten Werke, gefesselt. Im Gegensatz zu Brod würde ich die Kapitel bzw. Fragmente wie folgt ordnen:
1). Erstes Kapitel
2). Viertes Kapitel
3). Zweites Kapitel
4). Drittes Kapitel
5). "Zu Elsa"
6). Fünftes Kapitel ("Der Prügler"), ein notwendiges Kapitel, irgendwo nach Kapitel zwei anzuordnen, könnte aber auch vor dem 7. Kapitel stehen; inhaltlich notwendig, der Ort des Geschehens ist fraglich (Abstellkammer der Bank, ein Irrtum Kafkas?)!
7). Sechstes Kapitel
8). "Ein Fragment" (könnte auch Teil des Sechsten Kapitels sein, der Abschluss)
9). Siebentes Kapitel
10). "Staatsanwalt" (laut Aussagen Brods zeitlich und inhaltlich nicht einzuordnen)
11). Achtes Kapitel
12). "Das Haus" -der gestrichene Teil, zumindest aber seit: "Wie einfach war die Überlistung des Gerichtes!..." könnte auch nach dem Zehnten Kapitel ("Ende") handeln.
13). Neuntes Kapitel
14). "Fahrt zur Mutter"
15). Zehntes Kapitel
Das Fragment "Kampf mit dem Direktor-Stellvertreter" ist weder zeitlich noch inhaltlich eindeutig anzusiedeln, vermutlich aber zwischen Kapitel Sieben und Neun (K. fühlte sich mal wieder stark).
Der Roman beginnt mit K. als lässigem Helden, der alles nicht zu eng sieht, bis Kapitel Sechs. Vom Sechsten bis Neunten Kapitel ist er vom Prozess doch betroffen, teilweise stark und kämpfend, teilweise mitgenommen, depressiv und kränklich.
Zwischen Achtem Kapitel, "Das Haus" und dem Neunten Kapitel fehlen einige Kapitel (zeitlich zu große Lücken).
Vor dem Zehnten Kapitel fehlen einige, da K. sich dort völlig ergeben hat, nicht mehr kämpft, oder die Möglichkeit der Austricksung des Gerichts erkannte, den "Tod".
Das Werk beginnt als Kritik an gesellschaftlichen Zuständen, an Staat, Gerichtswesen, Verwaltung (Verselbständigung und Unüberschaubarkeit, Bestechlichkeit u. a.); präzisiert dann die Verlorenheit des Individuums, der Intelligenzija (Selbstbedauern, auch die Kapitel mit den Frauen lassen darauf schließen), etc. Dann folgen religiöse Wirrnisse: ziemlich planlose Mystifizierung des Gerichts und der Vollzugsbeamten, logisch nicht entwirrbare, da verwirrte Darstellung der Personen "oben und unten", ihrer Handlungen, sinnlose Erklärung des Gleichnisses vom "Türhüter": Kafka brachte zwar gute Gleichnisse, war aber nicht imstande, sie zu erklären, siehe auch: "Es ist ein Mandat" (es ist an und für sich schwachsinnig, einleuchtende Gleichnisse umständlich zu erklären).
Eine Frage stellt Kafka speziell im Schlusskapitel: Selbstmord, ja oder nein, Warten auf den Tod (z. B. bei schwerer Krankheit) oder Erlösung (und dann Bestrafung?) oder (wenn meine These in Bezug auf die Einordnung des gestrichenen Teils des "Hauses" Kafkas Intention entsprach) Tod, und dafür Belohnung.
Gott sei Dank ist Kafka viel-deutbar, falls Brods überreligiöse Deutung zutreffen würde (dass er "...dem hohen religiösen Maßstab... nicht entsprechen konnte", den er an sich stellte; Max Brod), würde ich jede Minute mit Kafka als Verschwendung ansehen.
Aber Kafka hat ja des Öfteren ins Tagebuch geschrieben, dass Brod es nicht blickt.
Urängste (Glauben und Aberglauben, Himmel und Hölle, Angst vor dem Etwas nach dem Tode) ließ das Schlusskapitel im ersten Augenblick bei mir entstehen, nicht nur der Abschluss, dass K. das "Messer zweimal in seinem Herzen umgedreht wurde." "Wie ein Hund" verreckte er.

Orwell's "Prozess"
Ich bin mir absolut sicher, dass George Orwell den "Prozess" gelesen hat: "1984" ist eine komprimierte, durch organisierte, neuere Fassung des "Prozesses". Am Anfang des "Prozesses" schien es mir, als lese ich "1984". Das einzige, was den Roman sinnvoll macht; neben den vielen Deutungsversuchen eines einfachen Werkes: Ein Roman mit Anfang und Ende, ca. 10 Kapitel fehlen.
Es wäre nicht schlimm gewesen, kein Verlust für die Literatur, wenn das Manuskript verbrannt worden wäre...
"1984" ist im Ullstein Taschenbuch Verlag, FfM-Berlin-Wien 1978, erschienen.

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